Reisen von Dr.Alexander Bauer

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Arbeitsnotizen zu Alexander Bauer's Reisen.

Alexander Bauer's Reisen erscheinen unter anderem auch deshalb interessant, als sie in seinen regelmäßigen Briefen an seine Eltern in Wien (oder tw. Pressburg / Bratislava) auch seine sehr private Wahrnehmung besuchter Orte oder von Reisebegleitern widerspiegeln.

Überdies bekräftigt der frühe Drang zum Reisen, eine in seinen späteren Jahren festzustellende örtliche Flexibilität oder Neugier und Offenheit gegenüber anderen Ländern und Kulturen.

Ziel oder Zweck dieser hier angeführten Reisen scheinen in erster Linie eine Erst-Kontaktaufnahme zu verschiedenen Universitäten oder eine Art Studienreisen gewesen zu sein.

Innerhalb des europäischen Zentralraums oder nach England zu reisen - woher seine erste Frau abstammte (Emilie Russell, Leamington Spa) -, spiegelt vielleicht seinen Forscherdrang oder einfach seine Aufgeschlossenheit gegenüber Fachkollegen und neuen Themen wider. Der Weg, stets grenzüberschreitend, in einer Art des Strebens nach Gesamtheit technologischer Möglichkeiten am aktuellsten Stand der Technik kennenzulernen, um sich darüber hinaus zu entwicklen, mag seinem Naturell entsprochen haben.

Die Möglichkeit, bereits in relativ jungen Jahren - mit etwa 17 Jahren - auf einer großen "Studienreise" unterwegs sein zu können, netzwerkend mit Fachkollegen oder wechselnden Reisegefährten unterschiedlicher Herkunft kommunizieren zu können, mag ein Schlüssel zu seinen späteren beruflichen Möglichkeiten und gesellschaftlicher Einbettung gewesen sein.


Punktuelle Eindrücke über die Persönlichkeit Alexander Bauer's, stets seinen hoch geschätzten Eltern und seiner Familie gegenüber wohlwollend verpflichtet, geben seine Briefe wieder, die hier ausschnittsweise weitgehend chronologisch gelistet und zitiert werden.


Die große Studien-Reise 1853

1836 in Mosonmagyarovar / Ungarisch-Altenburg geboren, konnte Alexander bereits 1853 als siebzehnjähriger - durch seine Eltern finanziell unterstützt und motiviert - eine längere Europareise zu verschiedenen Universitätsstandorten machen.

Begleitet wurde er dabei teilweise von seinem mehr als zehn Jahre älteren Freund, Förderer und auch Lehrer an seiner Schule in Presburg, Dr.Andreas Kornhuber, wikipedia.




(Diese Liste wird sukzessive verfeinert und überarbeitet)


Stationen

4.8.1853 Braunschweig

Brief aus Braunschweig - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Braunschweig - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Braunschweig - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Braunschweig - Teil 4, Alexander Bauer

Text

Bester Vater!

Ich fuhr nach meinem ersten Prager Brief am 2ten August von Prag nach Dresden, hielt mich da 2 Stunden auf; Zeit genug, um die Kunstausstellung zu besuchen und in der Stadt herumzugehen. fuhr dann abends nach Leipzig, sah des andern Tages die Schletter'sche Sammlung, dann gings's mit dem Mittagzug nach Magdeburg, wo ich zufällig meinen Freund H. Emanuel aus Wien traf, der mit mir nach Braunschweig reiste und die Merkwürdigkeiten dieser schönen Stadt besichtigte.

Ich fahre heute um 1 Uhr nach Hannover und von da mit dem Nachtzug nach Köln & Aachen & denke so schon am 5ten Abends in Lüttich zu schalfen & am 6ten Lüttich zu besichtigen; der 7te wäre dann Brüssel gewidmet und am 8ten träfe ich in Paris ein, wenn ich nicht vielleicht dennoch das von Mecheln nur 40 minut. weite Antwerpen besichtige. Meine Napoléons besitze ich noch ungeschmälert; nichts fürchte ich daß noch 1 & 7 .. bis zur belgischen Grenze ausgegeben werden.

Diesen Brief sende ich erst von Hannover oder Köln ab, dann schreibe ich wohl bis Paris nicht. An Mutter tausend Küsse, ebenso an Nat.(alie) & Tante.

Es umarmt dich, dein Sandor


Soeben in Hannover angekommen, benutze ich die paar Augenblicke, um dir noch zu schreiben / dass ich eben um 1 Uhr von Braunschweig weg und hieher fuhr; Hier habe ich eben das Schloss, den prächtigen Waterlooplatz, dann die schönenen ... mit den höchst interessanten und ... ... gesehen habe; die Stadt selbst ist auch ebenso w.. interessant, hohe Giebel, schmale lange Fenster .. .. Ziegel belegte Häuser geben diesen Stästen ..... Würde und zeigen uns ein Stück Mittelalter ... den Barwitzius sage, dass die Uhr schon wieder .. .. dass sich die Zeiger gegenseitig verhapperten.

Noch einmal küsst Euch alle, Dein Sandor




7.8.1853 Breslau (Alexander Bauer)

Brief aus Breslau - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Breslau - Teil 2, Alexander Bauer

Text

Liebe Mutter!

Wir sind soeben hier in Breslau (Anm.: Wrocław) angelangt und ich beeile mich nur dich über unseres beiderseitiges Befinden zu beruhigen.

(Wir sind heute von Königshütte hier mit Eisenbahn ang.) Wir haben nun schon eine recht schöne Partie gemacht. Die Nacht, als wir v. Wien wegfuhren, kamen wir noch bis Leiprik (Anm.: Leipnik), wo wir aus dem Waggon aus, den Sonnenaufgang sahen. Des Morgens zum Frühstück waren wir in Oderberg (Anm.: Bohumin)und etwa gen Mittag in Kosel (Anm.:Koźle), von wo wir nach Gleiwitz (Anm.: Gliwice) hinüberfuhren und nachdem wir hier die Glashütte, das Zinkwalzwerk u. die K. Gieszerei sahen, noch am selben Tage nach Konigszhütte (Anm.: Königshütte, Chorzów), welcher Ort bei weitem interessanter als Gleiwitz ist; hier sahen wir noch Nachts die Zinköfen, welche uns besonders von hohem Interesse waren, da weder ich noch Dr.Kornhuber noch je solche Öfen gesehen haben und keiner, die Manipulation näher kannte; außerdem bietet diese Fabrik auch noch malerisches Interesse, da besonders Nachts das Feuer der Öfen da halb grünlich halb rothes Licht einen eigenthümlich großartigen Eindruck hervorbringt.

Am folgenden Tag d.: Heute gingen wir zu Fuß über Beuten (Anm. Bytom, Beuthen) nach Schabro, wo sehr bedeutende Zinkgruben sind, was natürlich für uns ebenfalls v. hohem Interesse war. Hier sahen wir auch hinüber nach Russland, da der Ort nur 1/4 Meile v. d. Grenze entfernt ist; überhaupt hat die Gegend um Königshütte einen eigenthümlichen Charakter (überall Fleiß und Arbeit), an allen Seiten sieht man nur hohe Schornsteine, die Gipfel mächte Rauchsäulen ausstoßen. Zinkhütten, welche die ganze Umgegend mit Rauch anfüllen, als so dass es hier so aussieht, wie nach einer großen Schlacht. Weiteres mündlich bei meiner Rückkehr.

Morgen bleieben wir hier, übermorgen, wenn es schön ist, gehen wir ins Riesengebirge u. v. d. nach Dresden, wenn nicht so, direkt von hier dahin.

Bleib' gesund, leb' wohl, Gruß u. Kuss an alles zu Hause, Vater, Natalie, Fanny, Lotty, ..

Es küsst dich, den Vater, seine Schwester u. alle Verwandten, Sandor

Breslau am 7. August 1853


8.8.1853 Breslau (Dr. Andreas Kornhuber)

Brief aus Breslau - Teil 1, Dr. Andreas Kornhuber
Brief aus Breslau - Teil 2, Dr. Andreas Kornhuber

Text

Lieber Herr v. Bauer!

Sandor hat, wie ich glaube, in beiliegemdem Briefchen einige Einzelheiten über unsere bisherige Reiseroute mitgetheilt. Ich will darüber nicht in Wiederholungen verfallen und nur bemerken, dass Königshütte und die Berg- und Hüttenmännische Förderung des Zinkes daselbst bis Breslau den Glanzpunkt unserer Reise bildete. Da sich die Absendung des verflossene Nach geschriebenen Briefchens heute morgens noch nothwendigerweise verzögerte, so bin ich in der Lage, noch Einiges nachtragen zu können. Außer den gewöhnlichen Merkwürdigkeiten Breslaus, die bis jetzt unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen und über welche sich wohl Sandor in seinem nächsten Briefe sich etwas weiter verbreiten wird, glückte es uns heute den gefeierten Prof. der Chemie Dr.Löwig (Anm.: Dr. Carl Löwig) zu sprechen. Wir steuerten eben auf gut Glück dem chem. Laboratorium zu und die erste Thüre, an der wir klopften, führte uns geradezu in des Professors Arbeitszimmer. Wir stellten uns demselben vor und hatten die Ehre, von ihm selbst mit größter Freundlichkeit und Zuvorkommenheit aufgenommen und in alle Localitäten seines ausgezeichneten, neu angelegten Laboratoriums herumgeführt zu werden. Auf diese Weise gelange es uns, die Einrichtung im Ganzen und manche Details genauer aufzufassen, als es durch die Belehrung irgend eines Andern hätte geschehen können. Auch der Besuch des ausgezeichneten zoologischen Kabinettes verschaffte uns viel Vergnügen und bot manches Interessante. Das Mineralien-Kabinett war wegen Prof. Dr. Glocker's Abwesenheit durchaus unzugänglich. Prof. Dr. Göppert (Anm. Heinrich Göppert) nahm uns gar herzlich auf, zeigte uns heute bereits einige sehr interessante Partien seiner wissenschaftlichen Privatsammlungen und wird uns morgen in der Universität und im bot. Garten einige Stunden freundlichst widmen. Dr. Schwarz trafen wir nicht, was ich gelegentlich Prof. Schröer mit unseren mitzutheilen bitte. - Wir hatten heute etwas Regen, was uns unsere Wanderung nach dem Riesengebirge zu vereiteln drohte. Jedoch klärt sich der Himmel zusehends und so Gott will werden wir morgen den 9. Abends mit dem Train um 5 1/2 nach Freiburg bei Schweidnitz fahren und von da aus zu Fuß die anziehendsten Punkte durchwandern.

Wir bitten also jedenfalls es bei unserer Besprechung zu lassen und die Antwort auf unsere Briefe gütigst poste restante nach Dresden senden zu wollen, wo wir Sonntags eintreffen dürften. Indem ich bis dahin mich Ihrer gütiger Erinnerung empfehle, bitte ich an die hochverehrte gnädige Frau den Ausdruck meiner innigsten Hochachtung, sowie an Fräuliein Natalie die herzlichsten Grüße zu übermitteln, von

Dr. G.A.Kornhuber (Anm.: Dr. Georg Andreas Kornhuber)


Breslau, den 8. August 1853

P.S. den Kopf dieses meines Briefes schickt Sandor der Frl. Natalie, damit die Vorstellung von Schlesiens Hauptstadt einiger Maßen versinnlicht werden möge, die uns jetzt in ihren Mauern birgt.



13.8.1853 Dresden (Alexander Bauer)

Brief aus Dresden - Teil 1, Dr. Andreas Kornhuber
Brief aus Breslau - Teil 2, Dr. Andreas Kornhuber
Brief aus Dresden - Teil 3, Dr. Andreas Kornhuber



Text

Dresden, 18.8. Abends


Liebe Eltern!

Wir sind heute Vormittag 9 Uhr gesund u. wohlbehalten aus dem Riesengebirge kommend hierher, wo wir in einem hundeschlechten Hotel beim goldenen Hirschen sind.

Das Riesengebirge ist sehr schön und unsere Partien waren höchst praktisch vertheilt. Am 1ten Tag langten wir nach etwa um 9 Uhr in Merkelsdorf in Böhmen an, von wo wir des andern Tages die Wekelsdorfer und Odersbacher Felsen, letztere in Begleitung eines sehr lustigen und komischen Berliners, besuchten, was die ganzen halben Tag in Anspruch nahm. Von hier wurde gleich weitergestiefelt und zwar mit so rüstiger Eile, dass wir Abends etwa um 8 Uhr den Fuß des berliner Chiriborano (?) (od. vulgo Schneekoppe) erreichten. Da es nun schon spät war und wir doch noch am selben Tag die Grenzbauten 2. Stunden unter der Spitze erreichen wollten, so nahmen wir uns einen Führer, der uns auf höchst romantischen Wegen, oft durch fahle Nebel in einem finstern Walde, oder auch auf .. endlich bei auf einer vom Monde beleuchteten Hochebene an die öster.Grenze (wieder nach Böhmen) zu Hübner. Grenzbreite Ankunft um 10 Uhr , ein ausgezeichnetes Gasthaus, etwa 3000 (Fuß) hoch und dennoch billig. Hübner hat einen Sohn bei Lenk in Odenburg im Geschäft, wo heuer aber verunglückt ist, in dem er beim Heben einer Kiste sich ein Blutgefäß in der Brusthöhle sprengte.

Hubner nahm uns sehr freundlich auf, aber als wir ihm sagten, er solle uns zu Sonnaufgang wecken, so that er das nicht, sondern lud uns etwa um 8 Uhr zu einem ausgezeichneten Frühstück und dies aus dem Grunde, da ein furchtbarer Nebel die ganze Koppe und überhaupt die ganze Gegend deckte. Nun sahen wir uns auf sein Anrathen (denn Weggehen ließ er uns nicht) Arsenikgruben in der Nähe, dann speisten wir Mititz und besuchten die nun vollkommen reine Schneekoppe, wo wir bis auf den wüthendsten Sturm einen herrlichen Abend genossen, denn die Aussicht ist herrlich.

Das Koppengasthaus war aber rein überfüllt von Reisenden, so dass man sich kaum rühren konnte und wie ich sagen hörte, so soll es immer so sein. Wir übernachteten aber doch nicht hier, da es erstens unsinnig theuer ist (eine Schale, sage Schale voll Kaffee mit elendem Brötchen 21 Kreuzer CMz !) und weil es erst 6 Uhr war, sondern pilgerten noch nach dem am Fuße des Kynast liegendem Michelsdorf, wo wir nach 10 Uhr ankommen (natürl. ..). Diesen folgenden Tag sahen wir den Kynast an Warmbrunn und Hirschberg und setzten uns Abends auf die Eilwagen nach Görlitz und ließen und die ganze Nacht lang da hinüberschütteln. Morgens fuhren wir nach Dresden, wo wir heute schon die Bildergalerie, Kirchen, das Waldschlösschen, den grossen Garten und die Altsächsischen Altertümer sahen. Zu Mittag badeten wir in der Elbe und abends waren wir im Theater in der Oper, man gab die Zauberflöte. Das Theater ist das schönste und das prächtigste was ich je sah. Fenice kann sich kaum messen was Eleganz und Consodité anbelangt. Aus in Breslau sahen wir das Theater . Morgen früh reisen wir von hier ab und werden uns die sächsische Schweiz ansehen. Besonders darum, da wir morgen als Feiertag hier gar nichts sehen können, dann gehen wir retour, bleiben einen Tag hier, gehen dann nach Tharand (Anm.: Tharandt) und Joachimsthal (zu Dr. Kornhuber's Freund).

Meine Stiefel drücken mich schwindlich, mein Fuß ist an einer Stelle aufgerieben und ich hatte daher im Riesengebirge ein impertinentes Gehen. Jetzt ist es etwas besser. Sobald sie sich nicht als vollkommen verbessert erweisen, so muss ich hier Neue kaufen, wennicht man noch die ausbessern konnte. Weiteres mündlich, wenn ich einmal daheim bin, ich bin schon sehr schläfrig.

Grüßt und küsst mir alle, Prof. Mack meine Empfehlung, etc. etc. etc.

Ich müsse meine lieben Eltern und Geschwister, besonders die arme Natalie und bleibe, Euer euch liebend, Sohn

Sandor

Dankt und grüßt mir den Mandl, statt mir, Empfehlungen an seine Eltern, eueren Brief bekam ich, danke sehr.

Ich spiele hier den Ungar und verewige mich in allen Fremdenbüchern Ungarisch.

Wir senden von hier aus Mineralien nach Presburg.






20.8.1853 Leipzig (Brief auch von Andreas Kornhuber)

Brief aus Dresden - Teil 1, Dr. Andreas Kornhuber
Brief aus Breslau - Teil 2, Dr. Andreas Kornhuber


Text


Dr.Anderas Kornhuber schreibt:


Innigsverehrter theurer Freund!


Ich komme später als mir lieb ist, dazu, Ihre freundlichen Zeilen zu beantworten, hoffe aber, daß Sie mein Zögern damit gütigst entschuldigen werden, daß im raschen Drängen einer Reise und besonders unserer, der Zufall manches Vorhaben vereitelt. Sandor hat bereits über unsere Reise bis Dresden berichtet und erwähnt, daß wir in der sächsischen Schweiz uns umsehen. Wir verwendeten dazu Montag 15/8 und Dienstag früh, indem wir uns auf die schönsten Punkte: Bastei mit Umgebung und dergleichen beschränken zu müssen glaubten.

Im Dresdner-Theater, dem Sandor besonderen Beifall zollte, hörten wir zwei schöne Opern glanzvoll aufgeführt, die Zauberflöte und Zar und Zimmermann. Die übrige Zeit wurde den Merkwürdigkeiten Dresdens gewidmet. Den 18/8 früh fuhren wir nach der land- und forstwirtschaftlichen Akademie Tharand und hatten die Freude, Prof. Stöckhard (Anm.: Julius Adolph Stöckhard) kennen zu lernen. Die Akademie, deren Gebäude mit Sammlungen und dergleichen wir zuerst besichtigten, hat eben Ferien und so wurden wir in Stöckhardt's Laboratorium von dem liebenswürdigen Assistenten H. Hellriegel (Anm.: Hermann Hellriegel) herum geführt und es war uns gestattet, in größter Muße die einzelnen Präparate, Vorrichtungen u.s.w. durchzugehen.

Die zoologischen, mineralogisch-geognostische und andere Sammlungen zogen unsere Aufmerksamkeit auf sich.

Stöckhard wohnt entfernt vom Akademiegebäude auf der Anhöhe über der Ruine des alten Tharander Schlosses. Sein Haus ist ganz neu gebaut, pallastähnlich. Er thront dort wie ein Fürst auf Tharand. Er nahm uns sehr herzlich auf und unterhielt sich lange mit uns. Bei ihm trafen wir auch den Prof. der Naturgeschichte des Organischen Dr. Stein (Anm.: Friedrich von Stein), welcher uns dann von Stöckhardt ab in den botan. und Forstgarten begleitete.

Nach einem so genußreichen Vormittag wanderten wir frohen Sinnes, ohne uns durch das regnerische Wetter beirren zu lassen, zu fuß die 3 Stunden nach Dresden zurück, um noch das hiesige, höchstinteressante geognostische Terrain genauer zu studieren.

Noch am Abend dieses Tages fuhren wir nach Leipzig ab. Ich beabsichtigte früher, nach Joachimsthal zu gehen, wohin ich auch bei meiner Ankunft zu Dresden eine Einladung vorfand, allein die vorgeschrittene Zeit und das rückgeschrittene Geld bestimmten uns davon davon abzugehen. Unter den übrigen Merkwürdigkeiten Leipzigs besuchten wir auch die Realschule, welche uns sehr gefiel. Der Dir. Dr. Vogel (Anm.: Johann Karl Christoph Vogel) grüßt Dir. Pablasek (Anm.: Matthias Pablasek) und erkundigte sich auch nach Prof. Fuchs. - Vogel führte uns überall herum, selbst selbst auf die Plattform des Daches, um uns die Aussicht zu zeigen.

Ich hospitierte hier in Vorträgen über Mathematik und Naturgeschichte, wie ich dies auch in Dresden in der Naturgeschichte that, kam aber zu der Überzeugung, daß unsere Schüler, so jung und klein sie in ihren Anfängen erscheinen, ihnen nichts nachgeben.

Gestern Abends hatten wir noch das große Vergnügen, dem Pendelversuche nach Leon Foucault in der hiesigen Thomaskirche beizuwohnen. Er ist schon oft besprochen und namentlich in der Zeitschrift Natur populär dargestellt worden und ist wohl der anschaulichste directe Beweis von der Axendrehung der Erde. Vorher hatten wir noch das chemische Laboratorium des hies. Universitätsprofessors Erdmann (Anm.: Otto Linné Erdmann), der leider verreiset war, besucht.

Abends: Theater. Schlosser und Zimmermann, neue komische Oper. Sandor wunderte sich viel über das dasige Treiben der Studenten.

Georg Wigand trafen wir nicht (Anm.: wahrscheinlich Georg Wigand), er war nach Carlsbad verreist. Wir wechselten uns nun bei einem hies. Banquier für 150 fl CMz Thaler ein und bekamen den Thaler zu 1 fl und 36 Xr CMz (Anm.: Xr = Kreuzer).

Wir nahmen uns hier gleich eine größere Anzahl Thalerscheine, weil man uns vielseitig versicherte, daß weiter nach Westen die Umwechslung immer wieder vortheilhaft sei. Unsere Tour geht nun dem Plane gemäß über Halle, Weimar etc. . Am sichersten dürfte es nun wohl sein, wenn wir um die Antworten auf unsere Briefe nach Frankfurt am Main baten, da wir nicht wissen, ob das Wetter uns erlaubt, durch den Thüringer-Wald zu gehen. Denn in dem einen Falle dürften wir um den 25ten, fast aber erst gegen den 30ten nach Frankfurt gelangen. Das Wetter und die Kälte hat uns übrigens noch nicht besonders genirt und war uns oft lieber, als übergroße Hitze. Mit Ausnahme von Tharand waren wir in den Gebirgen, wie Schneekoppe, sächs. Schweiz, stets vollkommen mit dem Wetter zufrieden. - Recht viel und oft verweilen unsere Gedanken bei Presburg und je ferner wir ziehen, desto mehr freuen wir uns auch wieder auf unsere Heimkehr.

Wie sehr wir uns also immer auf Nachricht von von dorthen sehnen und wie freudig so ein Briefchen empfangen wird, bedarf nicht weiterer Erwähnung. Daß Sie gute gnädige Frau und Frl. Natalie sich besser befinden, erfüllte uns mit großer Freude. Ich bitte derselben meinen ehrfurchtsvollen Handkuß und Frl. N. (Anm.: Natalie) meine herzlichsten Grüße zu übermitteln. Letztere richte ich schließlich auch an Sie, höchstverehrte Frau und bitte um Ihre freundliche Erinnerung an uns.

Kornhuber.


Alexander Bauer schreibt:


Liebe Natalie!

Dr.Kornhuber sendet dir zugleich in diesem Briefe 1. Stückchen von Rübezahls Bart welches ich im Riesengebirge am Rücken der Schneekoppe sammelte.

Über unsere Reise Euch weiteres zu berichten wäre unnöthig, da Dr. Kornhuber ohnedem schon alles geschrieben, nur will ich dir noch sagen, daß ich gestern vom Thurme der hiesigen Sternwarte das Schlachtfeld von Leipzig genau gesehen habe, was ich dir alles sagen werde wenn ich nach Hause komme. Übrigens bin ich ganz gesund und sehr vergnügt, in der Hoffnung, dass es allen von euch gut gehe. Küsse mir Mutterl tausend und aber tausend mal so wie ich dich und alle Verwandten Küsse und Grüße, die Kinderchens nicht vergesse.


Nochmals küsst euch Alle Euer Sandor.


Lieber Vater!


Wir haben unter Deiner Adresse ein Kistchen Mineralien nach Presburg geschikt und ich bitte dich Dr.'s Bitte mich anschließend dieselben in Empfang zu nehmen und sie aufzubewahren. Das Kistchen hat die Chiffre A.B. . Dem Prof. Mack lasse ich mich empfehlen und ihm sagen, dass ich bei Stöckhardt die Salze der Picrin und Chrysamins gesehen habe, mit denen sich aber andere vollkommen messen können. Unser Kalisalz ist viel schöner, das Ammonsalz konnte er auch nicht. Krystallis vren. und Cyanil bekam er auch nicht. In Dresden hatte ich im bot. Garten und in den Glashäusern einiger anderer K.Gärten Schneller (Anm.: wahrsch. den Botaniker Wilhelm August Schneller) zu mir gewünscht.

Küsse mir nochmals Alles, Mutterl und Natalie wiederholt. Es küsst dich tausendmal Dein Sandor.


Von Kassel oder Weimar schreibe ich auch Dir noch, liebe gute Mutter, einen Ellenlangen Brief.

Küsse, Dein Sandor


N.B.

Wenn Du an Mandl's Schwester schreibst, swo schreibe dem Gustav meine Grüße, oder was du selbst aus meinen Briefen für nöthig hältst.

Ich Danke ihm für den Brief, Sánu



21.8.1853 Weimar

Brief aus Weimar- Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Weimar - Teil 2, Alexander Bauer

Text

Liebe gute Mutter!

Als Nachtrag zu den Merkwürdigkeiten welche wir in Leipzig gesehen haben, will ich nun noch zufügen, daß ich Nachmittags in Auerbach's Keller, durch Goethe's Faust jedermann merkwürdig und beachtenswerth, ein jottvolles Gläschen Rheinwein getrunken; ferner habe ich auch Leipzipg's Theater und städt. Museum gesehen, in welchem unter anderen merlwürdigen Bildern auch Schrader's Friedrich II nach der Schlacht v. Kolin sich befindet.

Von Leipzig fuhren wir mit der Eisenbahn nach Halle, wo wir sämmtl.Merkwürdigkeiten kennen lernten, welche sind: das Zuchthaus, Waisenhaus, Dom, Morizkirche, Rathhaus, Frauenkirche, rother Thurm; die Familie Wegscheider an die wir durch Schröer adressiert waren, ist dermalen in Berlin und wir lassen den H. Prof.Schröer bitten uns sagen zu lassen was mit den Briefen derjenigen anzufangen ist, die nicht zu treffen sind, wie die Briefe von Wegscheider und Schwarz.

Von Halle fuhren wir mit dem Abendzug nach Weimar. Die Fahrt war eine der schönsten unserer bisherigen Reise; die herrl. Gegend wurde vom aufgehenden Monde .. erleuchtet, die Ruinen Rudelsburg u. Saleck sahen wir im Vollmondschein, was ein göttlicher Anblick war; umsomehr, da wir nun schon seit einigen Tagen keine schöne Gegend gesehen haben, sondern theils die Wege, die wir passierten, über Ebenen führten, theils die Orte welche wir besuchten in weiten Flächen Landes dastehen.

Weimar's Merkwürdigkeiten haben wir vollkommen erschöpft; wir sahen die Studiezimmer Schillers, Wieland's / Gartenlaube / , Herders, dann beide Häuser Göthe's, sein Studienzimmer ist durch inhumanität der Bewohner ganz unzugänglich od. eigentl. zerstört und die Reliquien, welche noch von ihm da sind, in ein Zimmer zusammengeschoben, welches auch nur Feiertag's zu sehen ist; ferner sahen wir die den genannten Dichtern im großherzgl. Schloss geweihten Zimmer, ferner Nachmittags die grßherzgl. Lustschloss Belvedere, welches eine herrliche Aussicht auf die Stadt gewährte.

Morgen gehen wir nach Jena und werden über Weimar nach Erfurt, Gotha, Eisenach /: Wartburg :/, Kassel, Gießen, nach Frankfurthens. Wir sind gesund und hoffen dasselbe von Euch. Küsse nun Vaterl, Natalie, Lotty u. Fanny und die Kinder; meine Küsse, Grüße und resp. .. Empfehlungen an alle Verwandten u. Bekannten.

Es küßt dich tausendmal, Dein Sandor



22.8.1853 Gotha (Dr. Andreas Kornhuber)

Brief aus Gotha- Teil 1, Andreas Kornhuber
Brief aus Gotha - Teil 2, Andreas Kornhuber

Text: Brief an Josepha Bauer geb. v. Wittmann-Dengláz


Innigstverehrte, liebe gnädige Frau!

Ich hoffe, daß Sie es dem regen Streben der Reisenden nach Einheit und Übereinstimmung in ihrem Thun und Lassen verzeihen werden, mit meinem heutigen Postskript mich an Sie, genädige Frau, zu wenden. Wie Sandor schon berichtete, sind wir von Weimar abgegangen und wie figura zeigt, befinden wir uns jetzt in Gotha, ganz wohl. Zwischen beide bitte ich, wie Sandor bereits andeutete, Jena einzuschalten, welchem wir den heutigen Vormittag widmeten. Wir hatten des Morgens dahin eine recht angenehme Fahrt und erfreuten uns recht an den anmuthigen Gegenden Thüringens. Jena selbst ist durch seine schöne Lage, durch die Gemüthlichkeit seiner Bewohner und durch den eigenthümlichen Charakter, den die hier noch ziemlich freie Universität ihm aufdrückt, anziehend. Wir besuchten Hl.geheimen Hofrat Professor Schulze (Anm.: Friedrich Gottlob Schulze in Jena) und dessen landwirtschaftliches Institut, ferner Prof. Falke (Anm.: Prof. Johann Ernst Ludwig Falke), der uns in den vorzüglichsten Sammlungen der Universität und in der Bibliothek freundlicher Führer war. Leider trafen wir Schleiden nicht (Anm.: Matthias Jacob Schleiden), der für mich Alles gewesen wäre. Wir zogen, nachdem wir uns in dem Städtchen noch so viel als nöthig umgesehen hatten, wieder ab und langten Nachmittags in Gotha an. Wir passierten noch Erfurt, das wir uns vom Bahnhofe und dem Wagen aus besahen. Die Fahrt ist entzückend, denn die Bahn führt an den nördlichen Ausläufern des Thüringerwaldes durch eine reizende, vielfach wechselnde, von den Flüsschen Ilm, Gera, Hörsel u.s.f. durchwässerte Landschaft. Erhebend ist der Anblick der 3 Gleichen, auf einzelnen, nahe aneinander liegenden Bergkuppen thronende, zum Theil verfallende Burgen mit ihren historischen Erinnerungen. Gotha, die freundliche herzogliche Residenz gleicht einem blühenden Garten und übertrifft Weimar, wenn auch nicht durch seine Lage, so doch in vielen anderen Beziehungen. Das herzogliche Schloss, das Sommerpalais, der neue Marstall, das Theater u.a. zog unsere Bewunderung auf sich.

Auch wohnten wir einem heitern Volksfeste, dem sog. Vogelschießen bei, das in Sachsen und Thüringen allenthalben gefeiert wird und fanden an der bunten Mannigfaltigkeit von Ergötzlichkeiten, an dem Leben und Treiben überhaupt vielen Gefallen. Doch ich plaudere so fort, gnädige Frau, als ob ich bei Ihnen am runden Tische säße und muß nun daran denken, dem Kauderwälsch endlich ein Ende zu machen. -

Unsere Fahrt geht über Kassel und Frankfurt weiter. Wenn nicht früher, so erfolgt gewiß vom letztgenannten Orte das nächste Schreiben. Manche Ihrer Gedanken und Ihre guten Wünsche haben und uns bisher freundlich auf unserer Wanderung begleitet und die fiel glücklich aus. So schreiten wir denn rüstig vorwärts und knüpfen an das Bewusstsein, auch ferner Ihrer gütigen Theilname gewü+rdigt zu sein, die schönsten Hoffnuingen auf glückliche Vollendung unseres Zieles.

Ich küsse Ihnen, liebe gnädige Frau! ehrfurchtsvoll die Hände und verharre im Gefühle ausgezeichneter Hochachtung und inniger Verehrung als

Ihr Kornhuber.


Die herzlichsten Grüße an Hl Gemal, Frl.Natalie und an Frau von Mack.


29.8.1853 Frankfurt a.M.

Brief aus Frankfurt - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Frankfurt - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Frankfurt - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Frankfurt - Teil 4, Alexander Bauer

Text


Lieber Vater!

Mutter hat von uns aus Gotha den letzten Brief erhalten, der sie und mithin auch alle über den Verlauf unserer Reiseroute - bis dahin - vollkommen in's Klare brachte; es bleibt mir also nichts übrig, als noch die Route von da bis Frankfurt a.m. zuzufügen.

Von Gotha gingen wir nach Eisenach und von Eisenach, trotzdem dass Kornhuber etwas an Rheuma gelitten, danach auf die Wartburg und von der Wartburg noch denselbsn Tag bis Ruhla,

aber oh' Herr det Ruhla ist oh eene scheen Tejend; wir bekamen (im ersten Gasthofe noch dazu) ein Zimmer, kaum 3 Klafter (im quadrat) u. hundeschlecht wie die Tinten mit der ich schreibe u.

die ich immer aufstöbern muss; des andern Tages marschirten wir über Altenstein u. Liebenstein bis Brotterode, von wo wir den Inselberg u. weiter bis zur Eisenbahnstazion einen Wagen nehmen mussten, in dem Dr.Kornhuber sich forgesetzt etwas unwohl fühlte und er es nicht wagen konnte, sich der kühlen Luft auszusetzen;

wir fuhren von da noch weiter nach Kassel und nachdem wir hier alles gesehen hatten nach Gießen, wo wir das Glück hatten, den H. Prof. v. Liebig (Anm.: Justus v. Liebig)anzutreffen, der später mit uns zugleich am selben Train nach Frankfurt fuhr; wir konnten zwar nicht mit ihm sprechen, begrüßten ihn jedoch freundlichst und hatten nat. die beste Gelegenheit ihn genau zu sehen.


Hier in Frankfurt sprach sich nun Kornhubers Unwohlsein vollkommen als ein reumatisches Fieber aus und er entschloss sich, sich hier in's Bett zu legen und einige Tage liegen zu bleiben, aber herr je, hier im Gasthaus im Bette liegen heißt wie auf der Straße in einem einsamen Hause liegen; er hatte nicht nur so viele Pflege, dß ihm das Bett ordentlich gemacht u. das Nachtgeschirr od. Wasser, Limonade etc. gemacht werde; kurz, er .. mehr als ohne Pflege wird. Du kannst dir denken, was das für ein schauderhaftes Wohnen für ihn ist u. ich musste fürchten, dass er durch die schädl. Miasmen u. Ärgerniss entstanden, nur noch mehr krank würde.


Also was ist zu thun. Da entdecke ich auf meinen Wanderungen durch die Stadt ein wunderschönes Gebäude mit freundl. Lage u. allem was zu wünschen u. dieses Gebäude ist das Fremdenspital. Halt, denk ich mir, dass wäre herrlich, wenn man ihm etwa hier ein Zimmer nehmen würde. Ich sag' ihm's u. er sagt, es sei schon lange seine Idee, aber wer weiß, denk ich mir, ob man so leicht Kranke, welche eigentl. nichts nöthig haben, aufnimmt.

Ich frage u. erfahre, dass man nur dann hinein kann, wenn ein hies. Bürger für ihn gutstehen würde.

Dies that nun H.Trier auf mein Ansuchen mit vieler Freundlichkeit u. so hat sich d. Dr. Ko. (Anm. Kornhuber) dorten 1 Zimmer (allein natürl.) genommen u. ist wirkl. so gut aufgehoben, wie man es nur wünschen kann u. wohnt wie in 1.- Hotel u. hat ausgez. Bedienung u. erholt sich v. Minute z. Minute u. hatte heut bereits 4 Öffnungen u. schwitzte kanibalisch; mithin ist ja wie du weißt, alles gewonnen; er wünschte nun, dass ich während der Zeit als er noch liegt, was etwa noch 2-3 Tage dauern wird, da er schon nicht ganz 2 Tage im Bett zubrachte, freilich hier im Gasthaus, was ihm also gar nichts half, nach Darmstadt u. Heidelberg gehen soll; da man mit der Bahn in 2 Stunden dort ist, so kann ich wohl die Tour getrost allein wagen, jedoch werde ich die Tour nur dann unternehmen, K. (Anm.: Kornhuber) soweit besser ist, dass es mich gar nicht braucht und ich ihm mit gar nichts dienen kann, oder wennn Reichl zu ihm kömmt, zu welchem ich morgen wahrscheinlich hinüberfahren werde.

Womit sich Dr. Kornhuber verdorben, weiß ich wahrlich nicht, denn er hat sich sehr gehalten, aber es kann ja so leicht geschehen sein, durch Verkühlung oder sonst etwas. Übrigens braucht ihr durchaus nicht besorgt zu sein. Die Sache hat gar keine Gefahr und geht, seit dem er die ausgezeichnete Pflege genießt, rasch dem Wege der Besserung entgegen.

Ich bin zum Glück ganz wohl und gesund und sehe mir hier an, so viel als möglich und habe dann auch schon beinah alle Merkwürdigkeiten Frankfurt's erschöpft.

Kornhuber möchte eigentlich sehr gerne wissen, ob du nicht sehr böse auf ihn sein wirst, wenn er mich auf 2 - 3 Tage allein ließe, um hier die Umgebungen zu sehen.

Da ich das alles per Bahn oder Dampfschiff machen kann, so hat es gewiss keinen Anstand und ich bruhigte ihn vollkommen, als er sich gewaltige Skrupel mache, dass er mich allein die Stadt anzusehen herumgehen ließe!

Was ihn sehr beunruhigt und ihm seinen Zustand verschlimmert hätte, wenn ich ihm nicht die Versicherung gegeben hätte, dass ich .. doch nicht mehr so dumm bin um mich zu verirren oder sonst etwas begegnen zu lassen. Es wäre sehr gut, wenn du ihn auch darüber im nächsten Briefe Beruhigung verschaffen würdest, wenn er nicht ohnehin bis dahin schon ganz gesund ist, was aber zu erwarten steht.


Die Mutter will ich nun auch über das Essen und Trinken beruhigen und ihr sagen, dass ich - wenn ich noch lange hier besonders in diesem Hotel lebe, noch ganz (?)stärwidisch nach Hause komme, so gut und viel esse ich. 3. b. an der Wirtstafel, an der man hier immer speist, um 50 Kreuzer CMz, esse ich ohne .. Suppe , als Confect: Huhn & Häring oder Mehlspeise und noch etwas, Rindfleisch mit Zubehör, Gemüse und endlich Braten mit Salaten und noch eines denselben begleitende Speise, etwa Krebse, Ragout und Desert. Jedermann 1. Flasche Wein und Brot in Sachsen und Weimariset (?) zum Schlusse Butter und Rühr., Kalte Schale aß ich erst einmal, es schmeckt nicht schön und Butterbemeln einigmal auf der Eisenbahnfahrt, aber es war in Norddeutschland wertlich theuer, hier ist es wieder billig, aber nächstens weiter, der Papierbogen ist zu Ende und die Tinte und die Feder haben meine Geduld erschöpft.

Küsse mir alle Geschwister, Fanny, Lotty, Kinder, alle Bekannten, Empf. Hrn. Prof. Mack, Küsse sowohl Natalie und Mutter.

Kornhuber läßt sich empfehlen, etc. etc.

Es küsst dich tausend dein Sohn Sandor


Frankfurt a/M am 29. Aug. 1853 (Abends)


Wir beobachten hier seit zwei Tagen einen netten kleineren Cometen. Ist er auch bei euch sichtbar?

Hier spricht und liest man, dass in Wien vom 1. Sept. der belagerungszustsand aufgehoben ist. Ist das so?

Sagt, haben wir nichts Neues von Wien


Mein Hut bekam in Thüringen seinen Tod und ich kaufte hier heute einen anderen um kaum 4 fl. CMz und warf den alten Weg, er war schon so schlecht und machte überhaupt so viel Aufsehen, dass mich immer alles anglotzte, teils lacht teils staunte, besonders in Norddeutschland.

Im hiesigen Fremdenanzeiger stehe ich als H. Baum aus Pressburg.

Eure Brieferl erhielten wir.



2.9.1853 Frankfurt

Brief aus Frankfurt - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Frankfurt - Teil 2, Alexander Bauer


Text


Frankfurt am Main, 2. September


Theurer Vater!


Kornhubers Fieber hat bereits nachgelassen, nur ist er, da er furchtbar schwitzen und purgieren musste, sehr matt und wird hier noch einige Tage in Ruhe zubringen müssen.

Dann haben wir die Idee, auf 1 - 2 Tage uns am Rhein etwa in St.Goar (Anm.: St. Goar am Rhein) aufzuhalten, wo er sich dann ahngenehmer als hier und schneller erholen wird.

Am 30. Aug bin ich, obwohl Dein Brief noch nicht da war, der erst in 1 - 2 Tagen kommen kann, dennoch nach Darmstadt zu Reichl gefahren und habe bei dieser Gelegenheit sogleich Dr nest (?) gesehen.

K. (Anm.: Kornhuber) meinte selbst, ich kann es ruhig allein wagen, da du gewiss nichts dagegen haben wirst.

Reichl gab mir den Rat, ich soll nur allein nach Heidelberg fahren, denn es wäre sehr schade, wenn ich es nicht sehen würde und er meint, Du kannst und wirst wohl auch nichts dagegen haben, überhaupt sagte er, Heidelberg ist so nahe und die Reise so gefahrlos, dass weder Ihr noch Kornhuber irgendwie Angst zu haben brauchen.

Kornhuber stimmt ihm nur vollkommen bei, sie haben beide alles genau besprochen, als Reichl gestern hier bei K. (Anm.: Kornhuber) war.

Es ist möglich, dass ich heute oder morgen eine kleine Spazierfahrt nach Wiesbaden mache und zu Prof. Fresenius, da mir Dr. Löwe, den ich soeben besuchte sagte, ich soll nicht versäumen hinzugehen und das sobald als möglich, sonst ist Fresenius nicht mehr zugegen.


Ich bin schon sehr auf Deinen Brief begierig H. Trier benimmt sich gegen uns wirklich sehr freundlichst und zuvorkommend, erkundigte sich sogar durch einen seiner Couriere um K. (Anm. Kornhubers) Befinden.

Ich bin ihm dafür auch sehr dankbar und bitte Dich dafür auch unseren Dank an Perisutti zu sagen.

(Anm. C.M. Perisutti, Gründer des Bankhauses Schelhammer, im Haus Kärntnerstraße 20).


- Halt! nun läut's zu Mittag -


Soeben komme ich vom Mittagessen und setze den Brief fort, aber schnell, da ich dann zu Kornhuber gehe.

Ich habe soeben durch die Güte des H. Trier abermals 1 Kistchen mit Mineralien und Schulprogramm Eigenthum Kornhubers an Dich gesandt, da die Geschichte und nur belustigt.

Nächstens, wenn ich Zeit habe, mehr.


Küsse Mutter, Natalie, Fanny, Lotti, Kinder und an alle Verwandte .. Grüße

Küsse, Empfehlungen ...


Es küsst Dich Dein dich liebender Sohn

Sándor


Zum Schlusse muss ich dir noch sagen, wie man hier Melonen isst: man nimmt die Schnitte, welche ohngefähr 4 Zoll lang, 1-2 Linien dick ist, schüttet sie voll Zucker, zerschneidet sie dann zart mit dem Messer und isst sie in Wonne und Stolz.


Sándor



6.9.1853 Mainz

Brief aus Mainz- Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Mainz- Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Mainz- Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Mainz- Teil 4, Alexander Bauer

Text

(Mainz) 6. Sept. 1853


Theurer Vater!

Nachdem ich ..



10.9.1853 Köln

Brief aus Köln - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Köln - Teil 2, Alexander Bauer

Text

Coeln, den 10. September 1853


Liebe gute Mutter!


Zu dem, was ich schon dem Vater geschrieben, füge ich nun hinzu, dass ich auch noch außer andern geringeren Merkwürdigkeiten, hier ein Diorama gesehen habe, welches alles bisher dahin gesehene übertrifft. Es werden nur 2 Bilder gezeigt, aber diese sind herrlich. Man sieht gleichsam wie durch ein großes Fenster 1stens auf den Lago Maggiore. Zuerst zeigt sich der See bei Tageshelle mit den borromäischen Inseln. Im Vorgrund Isola bella, im Hintergrund die Alpen. Nun sinkt die Sonne und teuschend zeigt sich von allen Gipfeln in das Abendrot gehüllt, die blauen Fluthen des Sees wiederwerfen, das goldene Licht der Sonne und erfüllen die ganze Gegend mit dem göttlichen Aether. Die Sonne sinkt, alles hüllt sich in Dunkelheit, auf den gegenüberliegenden Inseln zündet sich ein Licht nach dem andern an, bis endlich alle Häuser hell erleuchtet sind.

Nur der See liegt in tief dunkelschwarzer Nacht, ganz drüben am andern Ufer des Sees leuchtet ein Kalkofen. -

Endlich hebt sich der Mond aus den Dunsten und spiegelt sich in den hellen Wassern des Sees.

Zugleich hört man von Isola bella Glockengeläut, welches die Christen zum Ave Maria ruft. Als auch das aufhörte, drangen die Töne der Orgel in unser Ohr. Endlich verstummte auch das, die Lichter verlöschten nach und nach auch alle, alles war wie still und ruhig. Nur der Mond beleuchtete die schöne Nacht, welche ich im Bilde am Lago di Maggiore erlebte. -


Das 2te Bild ist die Marcuskirche in Venedig. Auch das ist ähnlich. Zuerst bei Tag, dann bei Nacht im vollen Lichterglanz, während (des) im Gottesdienstes die Kirche, die früher leer stand, ist ..voll Menschen. Auch am Altar fungir Priester, wo früher auch niemand war etc. etc.


Küsse 100000000 ... mal Natalie, Fanny, Lotty, die Kinder, alle Verwandt(e) u. beck(ante) u. Grüße, Küsse

Handküsse , Empfehlungen, Prof. Mack besonders

nie zu vergessen


Es küsst Dich und Vater nochmals vieltausendmal,

Dein Sándor


Mir gehts Gott sei Dank sehr gut.


9 (?) der Vom kostete mich nich f 3 sondern f 2 + .. nach soeben gemachten (?)Abschletsch A.Bauer




12.9.1853 Coblenz

Brief aus Coblenz - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Coblenz - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Coblenz - Teil 3, Alexander Bauer

Text


Theurer Vater!

Von Köln, wo ich das letztemal schrieb, ging ich nach Bonn, von Bonn - nachdem ich alles gesehen - nach Königswinter u. von da auf den Drachenfels, von wo ich - nachde ich meine Tasche voraus nach Coblenz schickte - nach Unkeln zu Fuß ging, wo ich die Basalte ansah u. von da nach Neuwied fuhr (per Dampfschiff).

Hier sah ich die Sammlung nat.geschichtl. Gegenstände, welche der Prinz v. Neuwied - aus Amerika u. Brasislien - brachte & die Einrichtungen der Herrenhuter Gemeinde im Schwester- u. Bruderhaus, davon näheres.

Von da kam ich heute Mittags hier an, wo meine Bagage nicht zu finden war; ich zeigte es augenblickl. an & da das Schiff mit dem ich es schickte zufällig um 5 Uhr kommen solltem so begleitete mich d. hies. Hauptagent aufs Schiff, wo ich meine Tasche wiederbekam, die nachts die Reise nach Köln u. retur nochmals machte !!

Den Sonnenuntergang sah ich heute vom Ehrenbreitstein; gestern sah in Rheineck & Andernach im Mondschein alles herrlich .. morgen mehr.

Dein Sandor


Das Wetter war bei der Thalfahrt weniger schön, desto schöner machte es sich bei der Bergfahrt; nur heute ist es wiederum etwas regnerisch; so Gott will, wird es sich ausheitern. ist geschehen.

Gestern übergab ich H.Baedeker meine Notaten, welcher darüber eine sehr große Freude hatte u. sage, er werde ich nächstens wegen Wien an mich wenden. Ich weiß noch imm er nichts näheres von Kornhuber; es muß ihm aber gut gehen, sonst hätte er gewiß nach Köln geschrieben od. schreiben lassen, so machten wir es aus.

Ich habe nun auch schon weg, wie man am Rhein billig leben muss u. das macht man so: man kehrt nicht die d. sog. guten & billig Häuser ein wie ich es früher that, sondern mindestens in ein Hotel II. Klasse, wo möglich nicht am Rhein, od. wie ich es hier that, ein Zimmer in den Hof nimmt und nicht zu Hause speist, sondern in der Restaurazion u. besonders wenig Wein trinkt (das Bier ist nicht zu trinken), denn der ist obwohl sehr gut, aber auch sehr theuer:

z.b.


.. (es folgen Preisvergleiche)..


Gestern traf ich am Ehrenbreitstein mit einem Manne von hier zusammen, der in Wien Technik studiert hat und unter Meiszner Chemie u. Salomon Math. u. unter Börz Mechanik hört; er war auch dabei wie Meissner abging. Leider trennten wir uns da, ohne dass ich weiß wie er heißt, aber er will mich in Frankfurt wiederfinden, wozu wir beide im Hotel Drexel absteigen.


Mainz 15. Spt.. .. (1853)

Ich ging früh von Coblenz nach Biebrich, wo ich das Sarkofagbild der Herzogin v. Nassau besichtigte, was wirkl. einen Besuch verdient; zugl. sah ich da den Schlossgarten; von dort kam ich per Localboot hieher an, von wo ich Morgen nach Worms reise; in Heidelberg finde ich gewiss von Kornhub. einen Brief, so ist's ausgemacht.

Von dir nach immer keinen Brief.

Dieser Brief geht wahrschnl. morgen von Worms ab.

Küsse tausendmal Mutter & Natalie, ebenso alles Übrige, Lotty, Fany, Kinder, Tant. Empfehlg. Handkuß an alles, Mack.

Es küßt dich, Dein Sandor


Nächstens schreibe nach Frankfurt u. schreibe was ich zu thun habe, wenn (was ich aber nicht glaube, ebenso wenig wie er u. die Spitalärzte) Kornhuber länger hier bleiben müsste als meine Ferienzeit dauert (was wohl nicht zu denken ist, übrigens, ich weiß nichts von ihm, schließe aber, dass es gut geht, sonst wär ein Brief da) er meinte, als ich fortging, wenns zu lange dauert, soll ich allein nach Hause.

Sandor





19.9.1853 Baden-Baden

Brief aus Baden-Baden - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Baden-Baden - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Baden-Baden - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Baden-Baden - Teil 4, Alexander Bauer

Text




22.9.1853 Frankfurt a.M.

Brief aus Frankfurt - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Frankfurt - Teil 2, Alexander Bauer

Text


Lieber Vater!

Ich bin heute Morgens wieder glücklich hier von Heidelberg kommend eingetroffen. Von Heidelberg, von wo ich das letzte an Euch schrieb, ging ich nach Karlsruhe, wo ich im Theater Gottsched & Gellert sah u. von da des andern Tag's nach Baden-Baden - von wo, wie mir gerade einfällt, auch ein Brief abging - von Baden fuhr ich am andern Tag durch Strasburg, wo ich den Tag über verweilte und mich den größten Theil im Münster herumtrieb; der Mutter hätte ich sehr gerne ein .. ... mitgebracht, wenn ich es in bequemer Form .. hätte. Abends noch fuhr ich nach Freiburg .. Breisgau, wo ich mich am andern Tag Vormittag herumtrieb und auch die größte Zeit dem Münster & dem Schloßberge, mit herrl. Aussicht auf den Schwarzwald u. die durchbrochene Arbeit des Münsterthurmes widmete; Nachmittags fuhr ich um 2 Uhr nach Heidelberg, wo ich um 9 Uhr ankam u. nicht mehr weiter konnte und daher da übernachten mußte; heute fuhr ich mit dem 1ten Zug hierher. Bin Gott sei Dank gesund. Kornhuber fand ich Gott sei Dank auch besser; er ist auf, schwitzt nur immer sehr viel, was ihn so schwächt.

Wegen unser Nachhausereise ist noch nichts bestimmt u. Montag,Dienstag dürften wir dieselbs gewiss nicht antreten.

.. Muttel u. Schwester grüßend & küssend, .. ales d. gen. Empf(ehlung) Mack u. Skult. (An.: v.Skultety), besonders ebenfs. Reichl, Schröer ..

Küsst dich vieltausendmal Dein Sandor



Studienreise nach Mailand bzw. Italien 18xx

  • 17.9.18xx Mailand
Brief aus Mailand - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Mailand - Teil 2, Alexander Bauer

Notiz:

Im Augenblick ist das genaue Jahr dieser Reise unbekannt.

Dem Schriftbild zu entnehmen, im Vergleich mit späteren Briefen Alexander's, könnte der richtige Zeitpunkt um 1853, 1854 gefunden werden.


Text


Liebe Mutter!


Ich bin gestern hier angekommen und habe Euren Brief heute erhalten.

Zuletzt schrieb ich von Zermatt. Ich ging von dort über Brieg und den Simplon nach Stresa an den Lago Maggiore zurück. Der Simplon ist wunderschön und übertrifft alle Alpenstrassen.

Ich reiste mit dem techn. Leiter des Steffield'er Stahlgewerkes, was mir sehr interessant war.

In Domo Dossola (Anm.: Domodossola) trennten wir uns jedoch wieder. Ich besuchte noch einmal Isola Bella, diesmal mit mehr Ruhe, dann nach I. (Anm. Isola) Madre, wo ich eine prachtvolle, blühende Aloe, dann die größte europäische Araucaria sah.


Von Stresa ging ich über Lugano und den Luganer See nach Menaggio am Comer See, wo ich Bellagio (Villa Serbelloni), dann Villa Melzi und (Anm.: "Villa") Carlotta besuchte und war gestern Abends schon hier.


Ich traf auch Oberl. Lögler, dann Toni Teschenberg (Anm.: Oberlieutenant Anton Kluger von Teschenberg), welcher dem Erzherzog zugetheilt ist.


Von den hiesigen Merkwürdigkeiten hatte ich schon vormittags alles gesehen.

Der Dom ist das schönste was ich je sah, sonst aber ist nicht viel hier.

Abends war ich im Theater (?) Cadrobbia. Ballet gut, Oper miserabel.

Morgen gehe ich direkt nach Padua.

Uibermorgen Venedig.


Es küsst alle, Sándor



Reise im Jahr 1855


6.8.1855 Paris

Brief aus Paris- Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Paris- Teil 4, Alexander Bauer



Theuerstes Mutterl!


Ich bin heute Morgens in Paris glücklich angekommen und beeile mich dir meine Reiseabenteuer seit meinem letzten Braunschweiger Schreiben mitzutheilen. -

Ich fuhr also wie gesagt damals des Nachts von Hannover nach Aachen, wo ich um 10 Uhr eintraf und bis 2 blieb. Dann ging ich nach Lüttich, wo ich diese Nacht und den folgenden Tag blieb. Nachmittags wollte ich nach Seraing fahren, indess war Dr. Kuh an den mich Sigl adressierte, nicht da der (?)Direktor Pastor auch in London, da traf ich ganz unerwartet Direktor Tunner mit Prof. Balling, eben nach Seraing fahrend. Ich schloss mich anfangs als Unbekannter an, dann klärte sich bald sehr angenehme Begebenheit auf und ich sah nicht nur Seraing, sondern auch ein anderes ..., noch grossartigeres Werk in der Nähe (Liége) unter der Leitung dieser beider Herrn.

Daher hielt ich mich auch noch eine Nacht in Lüttich auf und fuhr erst gestern früh nach Brüssel, von wo ich des Abends wieder weiter nach Paris reiste.

Ich habe von Euch noch gar keinen Brief und erwarte sicher morgen oder übermorgen einen post rest. hier. Ihr könnt mir auch direkt in's Gasthaus schreiben, ich wohne: Hôtel Marsollier, Rue Marsollier Nr. 13 (Chambre Nr. 16), wo ich 10 Minuten vom Boulevard du Italiens und nur 20 Minuten vom Industriepalaste entfernt bin, also im Mittelpunkt der Sehenswürdigkeiten.

Ich akkordierte mit der Wirthin Zimmer 2 Francs, Frühstück 75 Cent, Service 50 cent, jede verbrauchte Kerze 50 Cent und bin mit dem Mittagessen ganz ungebunden, welches wo möglich stets bei Kugler, einem Wiener einnehmen werde. (Anm.: wahrscheinlich ist hier Henrik Kugler gemeint.)

Seine Frau die Köchin, ist Schülerin Dommayer's in Hietzing und die kost wirklich vorzüglich und für nicht ganz 2 Francs kann man sich wollig satt essen und ein Flas rothen dazu trinken. - Ich machte heute schon den Spaziergang über die Boulevards, besichtigte die St. Madeleine, ging über die (?)Varonsil, Concordien, Vandóme und Bastilleplatz. Den Abend brachte ich in den Hallen des Palais Royale zu und den Nachmittag im Industriepalast. Die Reichhaltigkeit, Menge, Großartigkeit und Pracht überstieg wohl alle meine Erwartungen, indess ist lange nicht so viel Zeit erforderlich, ihn zu besichtigen, als ich dachte, da viel da ist, was mich weniger interessiert. Fidelis ist schon abgereist und hat mir auch nichts hinterlassen. Meine Freunde Förster und Latinovits traf ich hier, auch Wellich ist da. Ferner speiste und besichtigte ich theilweise den Pallast mit einem Wiener Parfumeur, der mit mir von Brünn nach Prag reiste und auch morgen in den Louvre gehen wird.

Übermorgen werde ich meine Adressen abgeben, da ich die Ausstellung nicht besuchen kann, denn es ist der 5 (?)francs Tag. - Meine Heimreise werde ich wohl 12 Napolénslang ausdehnen, jedenfalls aber bei Gagnet einiges erheben, schon wegen der Einkäufe, die ich für mein Leb. machen muss und die wegen welchen ich noch an Vater selbst schreiben werden, wenn ich nur erst die Preise weiss.

Meinen lieben Vater herzlich küssend und auch Nat. (Anm. Natalie) und Tante umarmend, bleibe ich dich küssend, Dein Sandor.


Paris, am 6. Aug. 1855 (Mittoch)



14.8.1855 Paris (Alexander Bauer)

Brief aus Paris - Teil 1, 14.8.1855, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 2, 14.8.1855, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 3, 14.8.1855, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 4, 14.8.1855, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 5, 14.8.1855, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 6, 14.8.1855, Alexander Bauer


Text


Bester Vater!

Als ich dir zuletzt geschrieben, war ich eben erst angekommen und hatte noch nichts gesehen, konnte dir also über Paris noch nichts mitteilen. Ich will also in Kürze nun meinen hiesigen Aufenthalt dir erzählen und das Programm für die nächste Woche mittheilen.

Nachdem ich mir am Mittwoch (Tag der Ankunft) durch einen Spaziergang über die Boulevards place de la Concorde, Tuilerien, Champs Elysées, den Invalidenpalast und zurück durch das Palais Royal, die nöthige Uibersicht verschafft hatte, begann ich Donnerstag's mit der Besichtigung der Merkwürdigkeiten und wählte da zuerst das Conservatoir des Arts et Metiers, einer besonders für mich höchst interessante Sammlung von technischen Gegenständen, worunter Modelle der meisten Fabriken und etwa 100 Dampfmaschinen.

Nachmittags begann ich die Besichtigung des Industriepallastes (vgl. Weltausstellung 1855, Paris) und zwar des Annexes.

Am 10ten ging ich mit einem Deutschen, einen Maler aus Dresden, nach dem Père Lachaisse (Anm. Friedhof Père Lachaise), dann nach den Jardin des plantes (vgl. Jardin des Plantes) und sah die Kirche Notre Dames. Abends sahen wir die Champs Elyées bei Beleuchtung.

Der 11te war ganz der Ausstellung gewidmet und mit der Besichtigung des Annex fortgefahren.

Abends war ich in einem der hiesigen öffentlichen Gärten, dem Jardin Mabille.

Am 12t fuhr ich nach Versaille, besah die Gallerie daselbst, war Abends in St. Cloud (vgl. St.Cloud), wo die Wasserkünste sprangen, dann ging ich durch das Bois de Boulogne (vgl. Bois de Boulogne), wo ich den Kaiser und die Kaiserin sah.

Nach .. hier traf ich im Waggon Carl Schmidt (vgl. Carl Schmidt) und Lenk, die noch 2 Wochen hier zu bleiben gedenken und nur 10 Minuten weit von mir wohnen.

Wir fuhren zusammen nach Paris. -

Der 13te war ganz der Ausstellung gewidmet. Heute um 14 Uhr war ich in der Exposition der beaux Arts, im Invalidenhotel in der Gruft Napoleons d. I., dann sah ich die Conciergerie, Palais de Jusitice, Morgue, und 2 Kirchen. Abends saß ich im Café auf dem Boulevard, was ich immer noch dem Theater vorziehe.

Diese verschiebe ich auf Regentage. In das Stf. Paris ging ich wohl schon einmal hinein, gleich aber wieder heraus, denn es war zum Erdrücken voll, so dass ich nur die Absicht habe, die Oper zu sehen, sonst nichts. -


Der Industrieausstellung habe ich nun etwa 20 Stunden gewidmet und dabei ausser einer allgemeinen Uibersicht, die eine Hälfte des Annex genauer besichtigt, was dir einen Maßstab auf die Großartigkeit gibt, dabei ist zu bemerken, dass ich an vielen (?)Kästen, wo für mich uninteressante Gegenstände waren, gar nicht vorüber ging. - Indess ist die Ausstellung noch nicht ganz fertig und an vielen Stellen sieht man noch hämmern und sägen. Es ist ein buntes Gewirr da, man hört Orgelspielen, Glockläuten, Uhren schlagen, Claviere spielen, und darunter reden, fragen, schreien und wohl auch fahren.

So oft ich noch bei der selben Thür eintrat, glaubte ich eine neue Ausstellung zu sehen, so großartig und vielfältig ist dieselbe, dass immer der Lichteindruck ein anderer ist. -


Ich habe mich nun umgesehen und die chem. Gegenstände, die ich bei Schrötter (Anm.: Anton Schrötter von Kristelli) brauchen werde, zu kaufen. Ich fand sie hier mehr als um die Hälfte billiger als in Wien und kaufte die Gewichte um 20 Fl und den Platintiegel um 9 Fl (der bei uns 20 FL kostet!).

Die Schule, von der er mir auch sagte, habe ich nicht genommen, um nicht gar zu viel Geld dafür auszugeben. Ich hoffe so auszukommen, sie kostet 22 Franken. -

Fidelis traf ich nicht mehr, auch keinen Brief von ihm, indess meine Freunde Fonter und Latinovits, auch Wellisch ist hier. Hr. Seybel (vgl. Emil Seybel) hat mich sehr freundlich aufgenommen und besonders Prof. Hessler (vgl. event. Hermann Hessler) war sehr charmant. - Hrn. Gagnet habe ich noch nicht gesprochen, indeß werde ich ihn übermorgen sehen und auch aber erst später Geld dort erheben. - Hr. Boutibonne (vgl. wahrsch Charles Boutibonne) ist leider in der Schweiz, kommt aber bald.

Erwin, meinen Reisegefährten in Prag, sowohl als hier, kannst du Ende des Monats in Wien sprechen. Es ist der Parfumeur J.B. Filz (vgl. Johann Baptist Filz) am Graben, hinter der Schule (vormittag zu treffen).

Von meinen 12 Napoléons besitze ich noch 3, die wohl (ohne dem Gasthaus) 8 Tage reichen werden. Dann werden noch 2 heraus geschnitten.

Ist's mit den Münzen zu Ende, so ist auch mein Pariser Aufenthalt zu Ende, sie reichen gewiss 4 - 5 Tage, die Rechnung im Hotel darf höchstens 4 Napoléons kosten und es bleiben 12 zur Heimreise. -

Wenn du Bieler sprichst, so grüße ihn schön von mir und die in die Tasche zu steckenden Cantet..röcke kosten hier 30 Franken. - Elberfeld sah ich nicht, da ich Wiegand nicht besuchen konnte, ich ging auch gar nicht über Elberfeld. - dies in Beziehung deines Briefes á Bruxelles, den ich hier erhielt.


Mutters Spazierfahrt freut mich, dass es nur gut anschlage. Besser wäre, sie wäre am Land, besonders wenn es wie ich höre mit der Cholera so arg ist.

Warum von Natalie nichts im Brief erwähnt, sie doch nicht krank, ich frage sie zugleich, was sie von Paris wünscht?

Vielleicht ein vorgedrucktes Taschentuch?

Englische Nadeln?


Nachdem ich nun die meisten der weniger wichtigen Merkwürdigkeiten gesehen habe, denke ich diese Woche, dann die folgende noch die Louvresammlung, dann die wissenschaftliche Institution und insbesondere der Ausstellung zu widmen und am 20. oder 28 von hier abzureisen.


Tausend Küsse an Mutter, Schwester und Tante.

Es umarmt dich,

Dein Sandor


Paris, 14. August 1855


Meine Adresse.

Hotel Marsollier, Rue Marsollier 13

/: aupres du théatre des Italiens :/








19.8.1855 Paris

Brief aus Paris- Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Paris- Teil 2, Alexander Bauer

Text

19/8


Theuerster Vater!

Am 14ten dieses habe ich die Ausstellung der schönen Künste gesehen, denselben Tag auch das Invalidenhôtel, die Morque und das Palais de Justice wie ich dir geschrieben zu haben glaube.

Am 15ten setzte ich meine Wanderung durch den Industriepalast fort und sah Nachmittags das Volksfest vor dem Hôtel des Invalides und Abends die Beleuchtung. Das Volksfest war interessant zu nennen die Beleuchtung, aber technisch und artistisch verfehlt, noch am anderen Tage stinkte es im Tuileriengarten, während der Beleuchtung wälzten sich dicke Wolken von stinkendem Rauch über die dicht gedrängte Volksmenge.

Am 16tenFortsetzung des Besuchs des Industriepalastes, Nachmittag Louvresammung und Börse.

17ten Jardin et Museés de Luxembourg, Panthéon, Museé du Hermes et de l'Hôtel de Cluny. Bibliotheque St. Geniviéve, die Kirchen: St. Sulpice et St. Etienne du Mont. ferner durch die gütige Empfehlung des Hr. Seybel die chem. Lab. der Sorbonne der Ecole médecin und der Ecole Normal. In der Ecole Normal, wo H. Deville Professor ist, wurde nur alles zur ..bereitung nöthige bereitwilligst gezeigt und ich hoffe, Mack dienlich sein zu können, aber gerade an der Natriumfabrikazion ist nichts viel neues .. sagt H. Deville, er hatte eine Methode gefunden, ohne dem Natrium, Alumium zu machen, auch habe ich etwas über 4 Gramm Alumium zu 13 Francs und 20 Cent v. d. 5 (?)flens angekauft.

Bei allen diesen Herren wurde ich mit der größsten Freundlichkeit aufgenommen, ja Prof. Batard machte mit gleich den Antrag, sobald ich den Wunsch hätte, während meines Aufenthaltes etwas chem. zu arbeiten, sei einen Tisch und all Apparate und Praeparate für mich bei Ihm zu haben und bereit! -

18ter, Industrieausstellung. Heute suchte ich auch H. Schwaz auf, der mich auch auf's freundlichste aufnahm.


Einzug der Königin von England.

Um dem ungeheuren Gedränge in der Stadt zu entgehen, ging ich in's Bois de Boulogne, um da den einzug mit anzusehen. Die Ankunft war um 5 o. 6 Uhr angesagt, sie erfolgte um 8 Uhr, mithin war es schon so finster, daß wir allesammt nichts sahen, weder die in der Stadt, noch wir im B. d. B.. Andess habe ich mich an den Witzen der Pariser köstlich ergözt. Das Militär wurde aufgestellt, indess ließ so Marschall Mageau die .. und die Kerle ergötzten sich in den köstlichsten Witzen und Vergnügungen, es ist überhaupt köstlich, mit welcher Freiheit hier das Militair sich bewegt, während dem Marschieren rauchen sie und der Oberst musste immer die Pfeife aus dem Munde nehmen, wenn er commandierte. Dann heißt's "mais allors dore messieures s'il vous plait allors". Endlich hörten wir die Cannonen donnern, alles stellt sich auf (indess ist's schon finster), nun kam der Zug.

Vorne ein (?)Poquet 100 Garden, dann der Wagen mit Napoleon und Victoria, dann in dem hinteren Wagen Prinz Albert, Lord Clarendon, u. a. . Zum Schluss 100 Garden, so sausste es durch die Nacht an uns vorbei und um doch etwas zu sehen, hatte eine Dame einen Bogen Papier gefaltet und angezündet und hielt ihn dem Wagen entgegen. Die Parise klatschten in die Hände, klopften die Daumennägel und lachten sich einander aus. Dann wälzte sich der ganze Zug nach Paris, wo eine schönere Illuminierung war, als am 15ten.

Heute war ich in Versailles, wo die grossen Wasser sprangen, ein herrl. Anblick und Abends bei H. Gagnet (1) zu Tische geladen. Da im ganzen Hause niemand deutsch spricht, so hatte ich einen schweren Stand und musste genau achtgeben, indess schmeckte H. Gagnet's Champagner sehr gut und die Pariser Händl stehen den Wienern auch nicht nach und ich brachte in der liebenswürdigen Familie des H. Gagnet einen recht angenehmen Abend zu.

(1) Auf seinem Landgute bei Versailles.




24.8.1855 Paris

Brief aus Paris - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Paris - Teil 4, Alexander Bauer

Text


Theure Mutter!

Ich habe Vater's letzten Brief und mich sehr darüber gefreut. Vorerst danke ich herzlichst für die Erlaubnis, die Schule auch noch kaufen zu können und zeige Ihm zugleich an, dass ich 15 Nap. (Napoléon) bei Gagnet erhoben habe, aber sehr sehr fürchte, sie nicht alle nach Hause bringen zu können, ja ich zweifle sogar etwas, dass 10 davon ungefährdet in Wien anlangen.


Ich habe diese Woche nach der fortgesetzten Besichtigung sowohl der Merkwürdigkeiten von Paris, als des Industriepallastes gewidmet, die Katakomben sind jetzt als gefahrdrohend nicht zugänglich. Sévres hat die Ausstellung hier, die ich sah. Die Arbeitslokale sind schwer zugänglich, wie mir Prof. Batting sagte, nicht der Mühe lohnend.

Die Gobelin's sah ich mit Lenk, das ist ungemein interessant, aber ich muss die Beschreibung der mündlichen Erzählung überlassen.

Auch sah ich diese Woche noch 2 Laboratorien, das des Prof. Peligot und Payen.

Dann wohnte ich einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften bei, was mich ungemein interessierte, da ich eine Menge Gelehrter von europ. Ruf sah und theilweise sprechen hörte, so d. Hr.Regnault, Biot, Babriel, Liebig, Dumas, u. a.

Auch war ich vorgestern Nachmittag in St.Germain, wohin ich mit der atmosphärischen Eisenbahn fuhr und einen herrlichen Abend auf der Terasse daselbst genoss. Gestern war ich am Montmartre und in St.Dénis. Heute sah ich das Corps Législative und Nachmittag die große Revue am Marsfeld, was sehr interessant war. Auch die Königin von England habe ich aber nur sehr schlecht gesehen, besser wohl den Prinzen Albert.

Auch habe ich heute einem Acte des Propheten beigewohnt, in der großen Oper und gestern den Krondiamanten in der Opera comique, aber es ist überall so überfüllt und dauert so lange, dass ich nur 1 Act blieb und auch in kein Theater mehr gehe.

Zugleich habe ich heute mich officiel prellen lassen und zwar um 10 Francs; das Wie, auch d. mündliche Erzählung; ich musste kurz 10 Francs für das Visum bezahlen. nun bitt' ich zu berechnen, wieviel die einnehmen, bei der ungeheuren Menge von Fremden, (denn das muss jeder zahlen) -


Morgen denke ich nochmals in die Ausstellung zu gehen und Sonntag reise ich ab und treffe ich ab und treffe wohl schon am 1. oder 2. in Stuttgart ein, wo ich Briefe von Euch erwarte, denn ich muss doch schon meiner Napoléons wegen etwas eilen. -


Tausend Küsse an Vater, an Dich, meine Geschwister und Tante

Dein Sandor


Freitag 24. August 1855


Liebe Natalie,


Nachdem ich nun schon seit 3 Tagen im Besitze Deines Briefes bin, so habe ich erst soeben Deine lieben Zeilen gelesen, nachdem ich immer Deiner leichten Tinte wegen, das Blatt für unbeschrieben hielt. Dein Auftrag soll erfüllt werden und zwar sogleich. Wenn ich nach Hause komme, werde ich dir auch die genaue Beschreibung der Annex geben und ein gedrucktes Bildchen desselben ...

Bis dahin lebe wohl. Es küsst dich Dein Bruder, Sándor




30.8.1855 Coblenz

Brief aus Koblenz - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Koblenz - Teil 2, Alexander Bauer

Text

Bester Vater!


Wie mein letzter Brief meldte, so bin ich Samtags von Paris nach Metz abgereist.

Hier musste ich mich 1 Tag aufhalten, ging dann nach Trier und den folgenden Tag mit dem Moseldampfboot von hier nach Coblenz, wo ich gestern ankam und nicht wie ich anfangs wollte, heute gleich weiter ging, sondern heute morgens die Tour zu Fuß über das Gebirge nach Ems und Nachmittag zurück machte. Zum Rückweg wählte ich .. das Lahnthal.

Morgen gehe ich von hier nach Kreuznach, um die schöne vulkanische Gegend und die Bäder zu sehen und werde von dort um möglichst .. mir bekannte Partien zu berühren, den Weg über Speier und Bruchsaal (Anm. Bruchsal bei Speyer) nach Stuttgart nehmen, indem ohnedem der Neckar des niedern Wasser's wegen kaum fahrbar sein wird und sei es der Fall, so wird die auch bei bestem Wasser 12 Stunden dauernde Bergfahrt jedenfalls höchst langweilig sein.

Bis 7 (Anm.: "7 ten") bitte ich mir dann nach (Ischl) München zu schreiben.


Dich und alle die meinen umarmend, küsst dein Sándor


Dachstübchen des Hotel's Anker in Coblenz 30.8.(18)55




15.9.1855 St.Wolfgang (Alexander Bauer)

Brief aus St.Wolfgang - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus St.Wolfgang - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus St.Wolfgang - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus St.Wolfgang - Teil 4, Alexander Bauer


Text

Lieber Vater!


Nachdem ich München verlassen hatte, kam ich Abends in Rosenheim an und fuhr, wie ich dir schrieb, nach dem Chiemsee, den ich in bester Gesellschaft aber vom Wetter nicht sehr begünstigt per Dampfboot über den selben, dann per Stellwagen nach Traunstein und Salzburg. Da es am folgenden Tag in Salzburg regnerisch war, so pausierte ich 1 Tag, was ich umsomehr thuen konnte, als ich mich in angenehmster Gesellschaft eines sächsischen Postmeisters, eines baier. Bierbrauers und des berühmten Chemikers und Mineralogen Plattner (Anm.: Carl Friedrich Plattner) befand.

Wir stocherten in der Stadt herum, dann als es zu regnen aufhörte, auf den Kirchhöfen, Schloss, Kapuzinerberg etc. Am folgenden Tag ging ich über Aigen nach Ob.Mm (?) was aber meinen vielleicht zu hoch gestellten Erwartungen nicht entsprach. Die Hauptproduktion ist Salzsäure, dann Chlorkalk, Schwefelsäure, nur nebstbei. Besonders interessant ist aber die Glashütte.

Den Abend brachte ich im Schlossgarten von Hellbrunn zu. Gestern fuhr ich per Stellwagen nach St.Gilgen und bestieg, da das Wetter schön war und einen herrlichen Abend versprach in Gesellschaft eines Engländers sammt Frau den Schaafberg (Anm.: Schafberg).

Die Aussicht oben war aber nicht sehr rein, gut sahen wir die bair. Ebene und die Seite gegen Wolfgang zu nebst Watzmann der .. war nicht ganz frei, während (wir) in betrachts dieser herrlichen Partie begriffen waren, zog eine mächtige Wolke heran, die uns nur noch einen Augenblick auf den Mondsee, Attersee und die Gmunden Linzer Ebene gestattete, um sich dann bleibend auf den Gipfel zu legen.

Um 6 Uhr stieg ich nach St.Wolfgang herab, böses Wetter ahnend (?), während meine Gesellschaft wieder nach St.Gilgen ging.

Am Wege begegnete ich ich noch einer Gesellschaft, bestehend aus dicken Dame, einer dünnen Dame und einem sehr umfangreichen Herrn, der die Nacht oben zubringen und auch für heute oben gebannt sind, da es furchtbar regnet. Sobald es das Wetter zulässt, gehe ich nach Ischl und setze nach Umständen und etwaiger Ischler Briefen meine Reise weiter fort.

Nach Linz schreibe nicht, wenn du es noch nicht gethan, da ich so kurze Zeit als möglich dort bleibe. Erstens da es mich dort langweilt, dann wegen der Cholera. Indem ich Euch alle herzlich küsse und auch meine Grüße und Küsse an Mack, Kornhuber etc. zu .. bitte und wünsche ich Euch dasselbe Wohlergehen, welche ich mich zu erfreue das Glück habe.

Dein Sandor.


(Eventuell eine Notiz im Anhang des Briefes von Alexander's Vater, Alexander Joseph Bauer)

Liebe Mutter!

Diesen Brief erhalte (ich) so eben 10 Uhr Montag und gebe ich gleich auf die Post. Nach diesem weiß ich nicht wann Sandor kommt, aber mich freut es, dass er sich nicht in Linz aufhält und vermuthe, dass er vielleicht Morgen hier eintrifft, wenn nicht übermorgen, Kornhuber (Anm. Dr. Andreas Kornhuber) wird es beurteilen können.

heut besorg mir ...(?). Rath Schuster hat mit uns gestern abends Thee getrunken. Sie sind alle wohl.

Euch küssend und den Brief zur Post besorgend, damit du ihn heut noch bekommst.

Dein Alter .




Reise im Jahr 1858

Anfang August 1858 Berlin

Brief aus Berlin - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Berlin - Teil 2, Alexander Bauer

Text




10.8.1858 Stettin

Brief aus Stettin - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Stettin - Teil 2, Alexander Bauer

Text



Stockholm 1858

Brief aus Stockholm - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Stockholm - Teil 2, Alexander Bauer
Brief aus Stockholm - Teil 3, Alexander Bauer
Brief aus Stockholm - Teil 4, Alexander Bauer
Brief aus Stockholm - Teil 5, Alexander Bauer
Brief aus Stockholm - Teil 6, Alexander Bauer

Text

Lieber guter Vater!


Wir lichteten Dienstag Mittags um 12h 30 im Hafen von Stettin die Anker und liefen bei Svinemünde (Anm. Swinemünde) etwa um 6h abends in die offene See. Das Wetter war sehr schön und das grosse prachtvoll eingerichtete Dampfboot schaukelte sich nur langsam, aber desto unangenehmer, auf den Wogen des Meeres.

Die Sonne ging um 8h unter und wir sahen bereits rund umher nichts als Himmel und Wasser und hörten das Wogen der See und das Geplätscher der Räder.

Ein ziemlich starkter Wind blies uns entgegen und ließ für morgen schlechte Seefahrt fürchten. Beim Abendessen wollte es mir nicht recht schmecken, denn das ewige Schaukeln hatte mich etwas schwindlig gemacht und ich fürchtete die Seekrankheit.

Danach zwang ich ein Kalbsschnitzel, ein Stück Häring und ein Glas Cognac, in Folge dessen ich auch unangefochten bald prächtig einschlief.

Der nächste Morgen war prachtvoller als zu erwarten war. Gegen 10h erblikten wir zuerst Land und zr. die Schwedische Küste. Wir legten um 11h in Calmar an (Anm.: Kalmar), segelten dann immer bei herrlichem Wetter zwischen Schweden und der Insel Öland durch und kommen heute früh hier glücklich an.

Der letzte Teil dieser Fahrt zwischen den Granitfelsen (Scheeren) im Meer und an Feste Waxholm vorbei (Anm. Festung Vaxholm) ist sehr schön und wird würdig durch den prachtvollen Anblick von Stockholm geschlossen.


In derselben Nacht (Gestern) in der wir durch die Scheeren fuhren, sind 2 Dampfer aneinandergefahren und der eine ist sehr arg beschädigt. Von den Passagieren ist indeß niemanden etwas geschehen.

Die Reisegesellschaft an unserem Schiffe war recht angenehm, obwohl größtentheils aus Schweden bestehend, welche aber ungemein liebenswürdig waren. Außerdem war noch der preussische Minister für Schweden Hr. v. Lecoq mit 2 Attachés und ein russ. Lieutenant der Forstverwaltung, mit welchem ich auch hier im Hotel de la croix wohne.

Ich muss noch bemerken, dass es nicht meine Schuld ist, wenn jetzt meine Briefe unregelmäßig einlangen, aber die Communication mit Deutschland wird durch die Schiffe nur spärlich unterhalten.

Diesen Brief schicke ich mit der Svea per Lübek. (Anm. mehr zum damaligen Dampfschiff Svea).


Sehr bedauere ich das Nichterhalten meines Correcturbogens.

Alle herzlich küssend und umarmend Dein Sandor


Stockholm Donnerstag 11h (vor 2 Stunden ging die Sonne erst unter)



19.8.1858 Vänersborg (Alexander Bauer)

Brief aus Vänersborg / SE - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Vänersborg / SE - Teil 2, Alexander Bauer


Text


Venerufer auf der Höhe von Venersborg am 19ten August 1858 (Anm. Vänersborg in Schweden)


Lieber guter Vater!


Gleich nach meiner Ankunft in Stockholm schickte ich mit dem Lübecker Dampfboot einen Brief an dich ab, den du hoffentlich in Händen haben wirst.

Von Stockholm reisete ich mit dem russischen Forstbeamten von Held nach Uppsala und von da sogleich weiter nach der Eisengrube Dannemora's (Anm. Bergwerk Dannemora), welche alle meine hochgespannten Erwartungen weit übertrafen. Wir ließen uns in einer der grossen, sehr weiten, in schwarzen Magneteisenstein gesprengten Grube 300 Fuß weit in einem Korb hinabsenken, eine Expedition, die sich dadurch auszeichnet, dass man ganz frei in dem Korb hinabbaumelt und immer oben das Tageslicht sieht, während man hinab in die schwarze Grube sieht, also gleichsam nicht weiß, wohin man segelt.

Als wir unten ankamen, so sollten eben die Sprengungen vorgenommen werden. Wir mussten uns daher (auf einige Zeit) in eine Bretterhütte verkriechen, während dem die Lunten angezündet wurden.

Bald dröhnten die Felsen rund umher von dem Gekrach der Mienen und die Steine kollerten über unsere Hütte, dass wir glaubten, der Teufel will uns holen.

Von Dannemora nach Upsala zurückgekehrt, besahen wir die Universität, fuhren dann mit 2 Schweden berühmten, aber nicht sehenswerten Sku Kloster (Anm. Schloss Skokloster) und Abends nach Drottingholm, von wo wir durch einen Gewitterregen ganz durchnässt Abends glücklich in Stockholm anlangten.


In Stockholm besuchten wir am folgenden Tag das Laboratorium von Berzelius (vgl.Berzelius), wo ich auf dessen Wage .. konnte und zum Andenken seine Visitkarte ...

Abends schiffte ich mich am Dampfer Thunberg (Anm. Dampfschiff Thumberg) ein, um nach Gottenburg zu fahren (Anm. Gothenburg, Göteborg).

(Fortsetzung)


31.8.1858 Hamburg

Brief aus Hamburg - Teil 1, Alexander Bauer
Brief aus Hamburg - Teil 2, Alexander Bauer


Text


Liebe gute Natalie!


Deinen Brief habe ich eben erhalten und mich darüber natürlich sehr gefreut. Gestern bin ich aus Helgoland erst hierher zurückgekommen, nachdem ich schon Samstag dahin abgereist war. Von Gothenburg aus, von wo ich zuletzt schrieb, ging ich nach Kopenhagen, wo ich mich 4 Tage aufhielt und auch sehr angenehm unterhielt, denn ich traf meinen Collegen und berliner Bekannten, den Assistenten von Prof.Rose. Von Kopenhagen ging ich über Kiel hierher von wo ich auf den Sonntag einen Abstecher nach Helgoland gemacht habe. Auch an dort habe ich nur, wie überall, die angenehmsten Erinnerungen, denn ich wurde in einer sehr liebenswürdigen Gesellschaft bekannt, die unter ihren Mitgliedern auch einen Fachkollegen von mir zählte. Ebenso ging es mir hier und nur ungern reise ich heute wieder ab. Daß ich nicht nach Norwegen gereist bin, ist sehr gut, denn das auch hier eingetretene, kalte, regnerische Wetter hätte meine Weiterreise von Christiania jedenfalls gehindert und Christiania allein ist ein 8 Tägiger Aufenthalt, (und solange ist man der Schiffe wegen genöthiget zu bleiben) und eine Ausgabe von mindestens 40 fl nicht wert.

Ich werde von hier nach Amsterdam gehen und über Antwerpen zurückkehren. Den folgenden Brief bitte ich daher poste restante sogleich nach Antwerpen zu senden.

Alle tausendmal küssend und umarmend

Dein Sandor

Hamburg, am 31. August




Reise 1859 - Paris


29. Oktober 1859 - Paris (Alexander Bauer)

Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1
Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1
Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1
Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1
Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1
Alexander Bauer, Brief an seine Mutter Josephine Bauer geb. von Wittmann-Dengláz - Teil 1



Text


Liebe gute Mutter!


Ich bin gestern Abends hier glücklich angekommen und beeile mich, dies dir heute meinem Versprechen gemäß gleich mitzutheilen.

Die Reise hierher habe ich nicht in einer Tour gemacht, sondern ich übernachtete in Cöln. Übrigens bin ich noch immer zu früh hier, denn die Ferien gehen erst am 10ten November zu Ende und auch im Laboratorium kann ich erst Mittwoch zu arbeiten beginnen, da Montag und Dienstag gefeiert wird.

Mit Prof. Wurtz (Anm. Charles Adolphe Wurtz) habe ich heute bereits gesprochen und mir (den), wenn auch elenden, Platz im Laboratorium erhalten.

Mit meiner Wohnung bin ich leider noch nicht ganz in Ordnung. Das Zimmer neben Oser (Anm. Johann Oser), welches ich so gerne gewunschen hätte, ist leider schon vergeben, ein anderes in demselben Stockwerke habe ich für diesen Augenblick wohl bezogen, bleibe aber keinesfalls da, denn es ist mir zu theuer, indem es monatlich 45 franc kostet.

Wenn Hr. Skalnitzky herkömmt, so wird diese Frage definitv gelöst werden, da wir uns dann entweder alle drei eine Wohnung nehmen werden, oder er allein mein jetziges Zimmer bezieht, während ich ganz ausziehe. Für die nächste Zeit bitte ich Briefe an meine jetzige Adresse zu senden, wie folgt: Rue de Seine. 20. (Hotel de Bretagne).


Auf der Reise hierher ist es mir sehr gut gegangen, da ich immer recht angenehm Gesellschaft gehabt habe. Auch mit meinem Gepäck hatte ich keine Umstände, denn es wurde nur einmal nämlich in Cöln abgeladen, weil mein (Anm. "man") noch nicht die neue Rheinbrüke befahren kann und ich überdies dort übernachtete.

Von Cöln gab ich auch meinen Reisesack auf, um ihn in Belgien nicht visitieren lassen zu müssen. So kann es den, das ich nur in Paris mit der Douane (Anm. Zoll) zu thun bekam und höchst nachsichtig behandelt wurde.

Da ich in Dresden ein Billet bis Paris genommen habe, so ging mein ganzes Gepäk einschließlich meiner Reisetasche als Freigepäk, so daß mich dessen Transport von Wien bis Paris nur 2 Fl kostete. Das Wägen auf den Bahnhöfen ist übrigens im höchsten Grade Merkwürdig, denn es hängt meist von der Laune des Wägenden ab, ob man das Freigewicht überschreitet oder nicht. In Wien wog mein Koffer 52 lb (Anm. Pfund), in Leipzig 54 lb und in Cöln Koffer und Tasche zusammen nur 50 lb !


Gestern war das Wetter sehr schlecht und kalt. Ich versuchte einzuheizen, aber diese Höllenkamine ! sind unausstehlich. Das Zimmer blieb kalt und füllte sich nur mit Rauch.

Oser ist über diese Heizun.. so aufgebracht, dass er sich einen eisernen Ofen gekauft hat. Gestern führt mich Oser zu einem Restaurant, wo wir für nicht ganz 2 franc zu Mittag gegessen haben. Es war ganz gut, der Andrang von Menschen zu diesem Speisehaus ist sehr groß, die Einrichtung eine eigenthümliche, der ähnlich, von der ich aus Sydenham (vgl. Sydenham, UK) erzählte.

Tische sind nicht gedeckt, auch ein Mundtuch wird nur gegen Erlag von 1 Sous verabfolgt.

Ich habe mich zu Hause zum Theekochen eingerichtet, was recht vortheilhaft ist.


Ich umarme und küsse Euch alle herzlich, Dein Sandor


Paris 29ten (Anm.: Oktober 1859)




Reise 1866, Von England, Leamington (Spa), zurück nach Wien


1.10. 1866 Brief von Alexander's Vater, Alexander Josef Bauer an Dr. Friedrich Hinterberger

Alexander Joseph Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 1, Alexander Bauer
Alexander Joseph Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 2, Alexander Bauer
Alexander Joseph Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 3, Alexander Bauer
Alexander Joseph Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 4, Alexander Bauer

1.10.1866 > Alexander Bauer kam von einer Reise, mit seinen drei Kindern und seiner Frau Emily Russell aus London / Leamington Spa nach Wien zurück. Vom Wiener Westbahnhof mit einer Kutsche nach Hause fahrend, kam ihnen Alexander Joseph Bauer zufällig entgegen.

Diese Begebenheit schilderte Alexander Joseph Bauer in einem Brief an seinen Schwiegersohn Dr. Friedrich Hinterberger.

Text (ist tw. noch zu überarbeiten)


Liebe Kinder!


Ich werde euch wohl wegen S. (Anm.: Sandor) unnöthig .. haben. In der Eile glaubend, sein Weg führe über Salzburg - oh Verzeihung -

Er ist gestern 1/2 10 Uhr früh schon angekommen . Wenn er Orleth in Linz gesehen und gesprochen hätte, würde Er Euch jedenfalls in Windern besucht haben, da er dort erfahren hätte, dass er auch bis 15h Zeit habe, was ihm sehr leid ist. Aber Orleth wusste auch nur, daß er mit dem Salzburger Zuge kommt, was aber daher nicht geschah, weil der Nürnberg Passauer Zug über Wels keinen Anschluß an den Postzug hatte, was er nicht wußte, also mit dem Courierzug gehen mußte.

Er kam gestern in einer Tour von Nürnberg, wo er Samstag Abends abging, nach hier -

Ich beabsichtigte ihn nach St.Pölten entgegenzufahren, wohin von hier ein gemischter Zug um 1/2 II Uhr abgehe, welchen benutzen wollte.


Ich gehe also zu Fuße um 1/2 10 gegen die Bahn. In Mariahülf fahren mir schon Fiacker mit Reisenden des angekommenen E Zuges entgegen, welche in augen... nahen und gerade als ich eure Schottenfeldgasse vorübergegangen war, kommt ein Fiacker mit einem großen Koffer auf dem Bocke und Rhoda steht am Fenster und sieht heraus. Ich lief ein Stückchen und .. glücklich den Kutscher, welcher anhielt; und ich trat an den Wagenschlag - welche Uiberraschung - die Kleine sah mich star an? ernst wie sie ist, kannte mich aber nicht; ich gab ihr sogleich ein Bildschachterl mit Chocolade Bußerl - die nahm sie ruhig.

Mitfahren konnte ich nicht, der Wagen war nur 2 sitzig innen und am Bock voll Gepäck. Kam ihnen also im Stellwagen nach und war sehr froh, so vorsichtig mein Entgegenfahren nach St.Pölten eingeleitet zu haben, denn diese Fahr hätte mich höchst geärgert, wenn sie umsonst gemacht hätte. - Orleht avisierte augenblicklich.

Sie sahen alle 3 sehr gut aus und sind glücklich gereiset. Nachts von London weg über Meer nach Calais und direkt nach Brüssel /: nicht Paris :/ dort 1 Tag dann nach Kölln, Bonn und .. von Rhein zur Bahn hier Rheindampfschiff bis Mainz; per Bahn über Darmstadt nach Nürnberg , 1 Tag gelieben.


Rhoda ist jetzt etwas scheu gegen alles Fremde .. frauen und flüchtet immer zur Mutter wie ... .. .. in einer Weile; wohl brachte sie nur eine mitge.. Cigarren .. zeigte ihre schöne große Windelkindpuppe, welche auch die Augen schließt, aber (?)plauscht nur englisch.

Um 1/2 2 Uhr giengen wir essen, auch Zechmeister mit uns, in den Heinrichshof (Anm.: Heinrichshof) auf der Ringstraße.

Sie ließ sich nur von Vater und Mutter führen, war sehr ordentlich am Tische, doch hatten wir alle schon Suppe gegessen bis sie erst anfieng, wir aber sahen langsam ob der Bedienung, aber sie blieb sehr ruhig, trotz dem, dass der Sandmann sich sehr einstellte, aber einige Photografien, die die Mutter von ihr mit ihrer englischen Kindsfrau mir zeigte, dann etwas Torte mit (?)33 .. farbenstrich machte sie wieder frisch und auf einmal rief sie mich schon deutsch mit Großpapa an, das 2 mal; wir konnten schon zu Fuß heim gehen. Sie ließ sich durch mich führen und wurde am Mehlmarkt so lustig, dass sie mit Zechmeisters Stock herumhieb und mit mir zu fechten anfieng (?)ungern hinaufgieng, wo ich sie allein ließ, meinend sie werde wohl schlafen.

Ich ging mit S. (Sandor) und Z. (Zechmeister) auf einen Moment ins Kaffeehaus, dann Spazieren, S. (Sandor) gleich hinauf.

Abends um 1/2 7 Uhr kam ich heim und hörte sie sagen, alle Z. (?oder "sind") zum Leibenfrost (Anm. Café Leibenfrost) ins Kaffeehaus, wo (ich) sie fand. Minä nahm ihre, Rhoda bekam ihre Milch und war wieder sehr lieb - hatte aber Nachmittag nicht geschlafen. Wir giengen nachter heim, wo sie auf die Herrichtung ihres Gitterbetterls wartete, welches neben der Mutter ihr Bett gestellt wurde. Als sie drin lag kam ich wieder zu ihr, wo sie sehr schön sagte, gut nait Großpapa und sehr bald schlief.

Wir plauschten noch bis 1/2 10, ich mit S. (Sandor) aßen noch unser heraufgebracht s Schnitzl und er trank mit Minnä auch Bier. -

Jetzt früh wird wohl ihr Dienstboth kommen -

Zufällig war schon gestern Nachmittag auch Cilli dort, weil sie von der Betty die Ankunft wusste, aber sie wurde ..


Rhoda geht in Stieferln mit nackten Waden, hat schon einen halbrunden Zurückstreifkamm in den Haaren wie Pipsi und nennt ihre Mama: Mopsi und auf dem Kopf steckte sie ein schwarzes Strohkäppchen mit etwas hochroth aufgeputzter Kremp, eine hochrothe und schwarze Feder, ganz entblößte Arme, ein Mantelkragerl umgehängt und alle Zähne - viola sont - .. Natalie dich und die Kinder erwarte verschiedene mitgebrachte Kleinigkeiten, Anixl findet ein kleines Spezialschifferl 10" lang , 1 kleine .. - Pipel - doch was ausplauschte.

Wir haben fort die schöne .. .. natürl. auch gemietet, sie nur .. nachkommt. ..

Neues sonst weiß ich nicht, .. .. ich jetzt nicht mehr allein, wenn ihr .. .. mit den Kindern sehr abgeht, die ich mit g .. .. se.


Fritz, wirst wohl mit dem Garten .. mehr noch einleiten können, was sehr .. wird

Mit diesem herzlichst Euch umarmender Vater Bauer.


Louise ist wohl mit den Kindern auch noch dort, grüßt sie schön, so wie auch Marie Euch grüßt und wohl ist.




Aufenthalt in Gmunden 1868

Dr. Heinrich Hlasiwetz, Brief an Dr. Alexander Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 1
Dr. Heinrich Hlasiwetz, Brief an Dr. Alexander Bauer, Brief an Dr. Friedrich Hinterberger - Teil 2


Teil 1, Dr. Heinrich Hlaswiwetz an Dr. Alexander Bauer

Notizen:

  • Dr. Heinrich Hlasiwetz schreibt während eines Kuraufenthaltes in Bad Aussee an seinen Fachkollegen Dr. Alexander Bauer, der sich zu diesem Zeitpunkt samt Familie und Vater in Traunkirchen aufgehalten hatte.
Dr. Heinrich Hlasiwetz erlitt etwa ein Jahr zuvor - Ende August 1867 -, im Zuge des Besuchs eines Salzbergwerks in Hall in Tirol, einen folgenschweren Unfall.
Nach medizinischen Behandlungen in Innsbruck und einer ersten, wenn auch nicht vollständigen Genesung Ende Oktober 1867, war sein darauffolgendes Jahr durch seine neue Aufgabe im Wiener Polytechnikum geprägt. Die Neuorganisation, Koordination und Einrichtung eines neuen Labors standen im Vordergrund, um seinem Lehrauftrag im Bereich der Agrikultur-Chemie tätig sein zu können.
Das Ende dieser Art "Einrichtungsperiode" in Wien, aber auch fortgeschrittener, körperlicher Erholungsphasen, sind diesem Brief zeitlich zuzuordnen.


  • Dr. Alexander Bauer hatte 1866 im Zuge eines chemischen Experiments sein linkes Auge verloren, worauf sich Hlasiwetz am Briefende kurz bezieht.


  • Dr. Heinrich Hlasiwetz und Alexander's Schwager Dr. Friedrich Hinterberger hatten als Fachkollegen an gemeinsamen, chemischen Versuchen gearbeitet, was sich z.B. in einem chemischen Bericht "Über die Zersetzung des Terpentinöls bei Glühhitze" im Journal für parktische Chemie 1868 widerspiegelt (vgl. J. A. Barth, 1868, Journal für praktische Chemie, S. 316).


Text


Hochgeehrter Herr College!

Bevor ich morgen, wie ich beabsichtige, den Ausseer Staub von meinen Schuhen schüttele, und der eines anderen breitegrades aufsuche, erfülle ich mein Versprechen, Ihnen Nachricht von meinem Schicksale und weiteren Zielen zu geben.


Es hat mir hier so wohlgefallen, und ich war so gut untergebracht, dass ich eigentlich beschlossen hatte, hier meine Patienten... zu Ende zu führen und geruhig 4 Wochen zu verbleiben.

Allein die Hoffnung die ich auf die Wirkung der Vollbäder gesetzt hatte, erfüllte sich so gar nicht, daß ich, zumals mir mein Arzt, (so hier in der Nähe am Grundelsee wohnt,) geradezu erklärte, es sei lächerlich für meinen Zustand Soolbäder zu gebrauchen, (- was mir Prof. Billroth gerathen hatte) - mich gestern kurz ... , meine Zelte hier abzubrechen, u. den Rest der mir noch für mein Amphibienleben zu Gebote stehenden Zeit in Teplitz zuzubringen.

Und also reise ich morgen ab. - Allein es ist mir leider nicht möglich, Sie noch an Ihrem schönen See zu besuchen, da ich genöthigt bin, meinen Weg über Berchtesgaden zu nehmen, wo sich ein alter Freund von mir, Prof. Cratius aus Leipzig angesiedelt hat, den zu besuchen ich schon längst mein Wort gegeben hatte.

Nach einem 2 tägigem Aufenthalt dort, soll die Reise weiter gehen.

Ich gestehe, dass ich, erfüllt von einer, an Verachtung streifender Geringschätzung der medizinischen "Wissenschaft" weiter pilgere, und nur darum noch so viel Geld für warmes Wasser ausgebe, um am Ende meiner Tage aller und jeglicher Vorwürfe überhoben zu sein.

Dem Schluss meiner Irrfahrten soll der Besuch der Naturforschersammlung, und ein Abstecher in meine Heimat machen.


Ich beneide Sie, dass Sie ein so ungestörtes, beschauliches Leben führen können, und hoffe Sie finden alle erwünschte Kräftigung, besonders Ihres leidenden Auges.

Seien Sie mir vielmals gegrüßt, empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlin, und grüßen Sie auch Hinterberger bestens! (Anm.: Dr. Friedrich Hinterberger)


Mit der Versicherung freundschaftlichster Ergebenheit,

Ihr Hlasiwetz



Teil 2, Alexander Joseph Bauer an Dr. Friedrich Hinterberger

Alexander Joseph Bauer schreibt an seinen Schwiegersohn Dr. Friedrich Hinterberger aus Traunkirchen, auf oder mit dem Brief von Dr. Heinrich Hlasiwetz.


Text


Lieber Fritz


Nebengeschriebener Brief des P. (Anm. "Prof.") Hlasiwetz an Sandor wird dir zur Kenntnis mitgetheilt.

Mir geht es leidlich gut, ich fühle mich kräftiger ..amenth, da wir der lästigen Hitze baar sind.

Ich nehme allabendlich aus einem Topf mit Früchten gedeckt, Inhallation von warmer Limonade, welches mir auf der Fahrt hieher gerathen wurde und meinem Brustkorb wohl thut und habe auch immer Vormittags saure Milch - Montag's Nachmittag fuhren wir nach Ebensee und giengen Abends zu Fuß nach Haus - Dienstag früh für (Anm.: "fuhr") Mina mit Rhoda und ihrem Kindsmadl nach Gmunden zu Markt - ich und Sandor blieben zurück, aber da es angenehm war, machten wir die Fußparthie nach Ebensee.

1 Stunde besahen wir die Salzkocherei, wo es aber wegen Zug nichts ist mit Inhallation, wurden eingeregnet und kamen Mittags zu Schiff wieder heim und nach uns die mit Viktualien aller Art beladenenen Zimmer (Anm.: ? "Frauenzimmer", Mädchen).

Abends spazierten wir nach dem Stein (Anm.: der Traunstein) eine schwache halbe Stunde.

Gestern war Regentag und ich kam gar nicht aus dem Haus. Heut Vormittag, nachdem es in der Nacht wieder regnete und sich wieder schön machte, waren wir fischen, fingen aber, - nichts.

Vater, Mutter und Rhoda badeten trotzdem alle Tag, was übrigens ein eigener Spaß ist, den zu beschreiben nur mündlich vorbehalten.

Rhoda das Zigeunerkind ist ein wahrer Range und hier überall bekannt, denn es ist sehr belebt hier und der Ort einem Schweitzerorte sehr ähnlich.


Ich schlafe in Sandors Bett und er in einem Küchenzimmerl und befinden uns daheim im Salon und Speisezimmer mit großem Balkon und Aussicht auf den oberen See mit der neuen Straße, also sehr interessant.

Sandor fühlt sich so wohl hier, dass er glaubt, vor Ende 7br (Anm.: "September") nicht weggehen zu wollen.


Wenn ich bis Sonntag, Montag nicht zu Euch komme, mache ich vielleicht mit Sandor eine kleine Exkursion nach Ischl und Aussee.

War Vernalek bei Euch? - Wie geht's Euch?

Ihr werdet wohl auch Regen genossen haben.

Wir grüßen Euch alle mit Franks herzlich und sprechen viel von Euch.

Rhoda will mit mir zu Anixl und wird dort bleiben bis er nach Wien geht und mich möchte sie heurathen - George (Anm.: "Georgie") ist in ihrer Weise recht brav, wird sehr sorgsam behandelt, aber ein Pflänzchen -

Dich mit der guten Natalie, Anixl und Hugo küssend,

Euer hustender Vater ABauer (Anm.: Alexander Joseph Bauer)


Ich bedaure, meine Lederkamaschen (Anm.: "Ledergamaschen") im Nachtkastel vergessen zu haben.