Palais de Pauli, alias "Wittmann'sches Haus" in Bratislava
Das hier abgebildete Haus stellt das sogenannte "Palais de Pauli" (Palác kniežaťa Leopolda de Pauli) dar, in zentraler Lage der Bratislavaer Altstadt, Venturska Nr. 11 (früher Haus-Nr.164, dann Nr. 15, heute Nr. 11).
Zur Orientierung
In der Radierung von Vinzenz Reim "Das von Wittmann'sches Haus in Pressburg" sieht man im Hintergrund, rechts vom Palais, einen Gebäudeteil der "ungarischen Kammer (Palác Uhorskej kráľovskej komory)", ein Barock-Palais nach Plänen des Kaiserarchitekten G.B. Martinelli aus den Jahren 1753-1756.
Am linken Bildrand schließlich die rechte Hausecke des Palais Zichy aus 1770-1780.
Zwischen Palais-Zichy und Wittmann'schem Haus (Palais de Pauli) verläuft die "Prepostska (Probstgasse).
Gegenüberliegend sind auf Nr. 12 das Haus der Familie von Mary Vetsera sowie auf Nr. 10 das Palais Pálffy, das die österreichische Botschaft beherbergte, vorzufinden.
Das Wittmann'sche Haus - Palais de Pauli
Die Liegenschaft wurde Ende 1842 von Johann v. Wittmann-Dengláz (Ein Sohn von Anton Wittmann von Dengláz) gekauft und als Familien-Wohnhaus, sowie als Zinshaus genutzt
(Vertrag vom 12. Dezember 1842, damals war die Hausnummer Venturgasse 164).
Es weist noch immer die gleichen Fassadenelemente auf, selbst nach der aufwendigen Sanierung in den letzten Jahren.
Der Innenhof, in dem jedes Geschoss mit einem innenverlaufenden Gang versehen ist, besteht ebenso mit originaler Zier, heute allerdings überdacht.
Diese Haus, oder besser gesagt, der Boden auf dem sich dieses Gebäude befindet, hat eine längere, durchaus bedeutende Vergangenheit.
Es standen hier mittelalterliche Gebäude, unter anderem in der Funktion einer "königlichen Kurie" (Zeitangaben fehlen noch). Dieser Ort wird auch "Königsgrund" genannt. (vgl. Text unten)
Aus damaligen Überlieferungen wird bereits von einem rückwärts liegenden Garten erzählt, den es im Prinzip immer noch gibt.
Gebäudenutzung von k.k. Güterverwaltern
- Leopold de Pauli ließ sich als Hauptverwalter der Kaiserlichen Domänen 1775/1776 dieses palaisartige Gebäude auf dem Altbestand der alten Liegenschaften ("königliche Kurie") erbauen (vgl. Strunz, Gunnar, 2007, Bratislava entdecken, S. 85).
- Der spätere Eigentümer dieser Liegenschaft war Anton Kluger v. Teschenberg, der ebenso Verwalter von erzherzoglichen Gütern von Kaiserin Maria Theresia's Tocher Marie Christine und in Folge EH Albert Kasimir's Sachsen-Teschen war.
- Nach Philipp Schertz v. Vászoja kam Johann v. Wittmann-Dengláz durch Kauf in den Besitz dieser Liegenschaft, ebenso in seiner Funktion als Güterinspector und Gerichtstafelbeisitzer mehrerer Komitate.
- Johann v. W.-D. war mit Elisabeth geb. Kluger v. Teschenberg verheiratet, die eine Enkelin des obengenannten Anton Kluger v. Teschenberg war.
- Elisabeth war letzten Endes die Erbin dieses Gebäudes und ihr Sohn Julius v. Wittmann-Dengláz war der Letzte aus ihrer Familie, der in diesem Haus gewohnt hatte.
Mythos einer unterirdischen Wegeverbindung zur Burg bzw. in Richtung ausserhalb der Stadtmauern
Es wurde in Überlieferungen behauptet, dass aufgrund der funktionellen Bedeutung und städtischen Lage dieses Gebäudes, eine geheime Weg-Verbindung zur Burg - oder nach außerhalb der Stadtdmauern - bestehen soll, was aber - zumindest offiziell - nicht nachgewiesen ist.
Anmerkung: Der um 1900 verantwortliche Stadtarchivar, hat zwar auf Anfragen von Hugo Hinterberger angeblich Recherchen diesbezüglich vorgenommen, es ist aber zu vermuten, dass dieser zu einer Aufklärung kaum etwas beitragen wollte.
In einem Brief an Hugo Hinterberger jammert der Archivar eher über die dunklen, kalten und unbeheizten Räumlichkeiten des Pressburger Stadtarchivs.
In einem kurzen Hinweis deutet der Archivar zumindest einen Keller des Gartenanbaues an, der für weitere Aufschlüsse eventuell zu untersuchen wäre.
Dabei weist er einerseits auf den "Granituntergrund" der Stadt Pressburg hin - also schwer bearbeitbar - und andererseits auf die Gepflogenheit von Versteck-Kellern in der Stadt, die nach seiner Auffassung und Erfahrung keine Verbindungswege aufweisen.
Damit schließt er in seinen Anmerkungen für das Palais de Pauli ebenso einen Fluchtweg aus.
Wie auch immer: Vielleicht hat man ja beim Bau der "Stadtautobahn", die die Burg vom Altstadt-Zentrum trennt, diverse Spuren entdeckt.
Auf dieser Parzelle hatte 1775/76 Leopold de Pauli das "neue Haus", also das Palais de Pauli, nach Plänen des Architekten František Römisch (od. Franz K. Romisch) errichten lassen und stellt damit das einzige große Palais mit einem Garten dar.
Eine Erinnerungstafel an der Frontfassade verweist auf einen musikalischen Auftritt des neun Jahre jungen Franz Liszt, der seine Kunst 1820 im ersten Stock des Gebäudes bzw. im zugehörigen Gartenpavillon (gebaut im Rokoko-Stil) zum Besten gab.
Folgende Angaben sind noch zu prüfen:
Ein weiterer, jedoch in Vergessenheit geratener Bewohner dieses Hauses war der deutsche Komponist Heinrich Marschner, der im Palais um 1820 lebte. Am bekanntesten sind dessen Opern Der Vampyr und Hans Heiling.
Korrektur: Heinrich Marschner soll sich 1820 im nahen Palais Zichy aufgehalten haben.
- Heute beherbergt das große Gebäude nach einem aufwendigen Umbau eine umfangreiche Universitätsbibliothek.
Erwähnungen dieses Gebäudes in diversen Texten oder Literatur
- Schrodl J., Pfeifer J., ca. 1906, Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. zu Pozsony-Pressburg, S.8
".. Das Haus der Familie Ventur stand in der nach ihr benannten Gasse, neben der königlichen Kurie, das heutige Wittmann'sche Haus, dem Münzhause und der Akademia Istropolitana.
In dem Hause der königlichen Kurie wohnte 1441-42 die Königin Elisabeth mit ihrem Söhnlein, dem späteren Ladislaus V. Beatrix, die Gemahlin des König Matthias wohnte 1477 und 1478 darin; von da an bis zur Stadtmauer waren Gärten. .."
- Kumlik, Emil, 1905, Pozsony und der Freiheitskampf 1848/49, S.10
"..Der Palatin, Erzherzog Stefan, bewohnte ebenso wie vordem sein Vater, der Palatin-Erzherzog Josef, eine zeitlang das neben dem Landhause (seit 1848 "Reichshaus") befindliche, historisch-denkwürdige Gebäude: heute Venturgasse Nr. 15, Wittmann'sches Haus, dessen erster Stocktrakt mit den Sitzungsräumen des Landtags durch eine Türe verbudnen war. Das palaisartige Gebäude spielte unter der Bezeichnung "königliche Kurie ..." ..."
- Roderich Müller-Guttenbrunn, Emil Portisch, 1933, Geschichte der Stadt Pressburg-Bratislava,
S. 163, ".. Die Venturgasse wurde im 15. Jahrhundert vollkommen ausgebaut. An der Stelle des heutigen Wittmann'schen Hauses (Ecke der Venturgasse und Probstgasse) befand sich die königlich Kurie. .."
S.272, ".. Auer'sche Haus, das bereits im 15. Jahrhundert Erwähnung findet. Im Jahre 1526, nach der verhängnisvollen Schlacht bei Mohács, in der König Ludwig II. fiel, floh dessen Witwe Maria, eine Schwester Ferdinands I., mit ihrem ganzen Hofstaat von Ofen nach Preßburg, wo sie vom Rat der Stadt feierlich empfangen und vorerst in diesem Auer'schen Hause untergebracht wurde. Erst später übersiedelte sie in das Haus Venturgasse Nr.15, in das heutige Wittmann'sche Haus. Auch Ferdinand I. scheint einige Zeit in diesem Hause gewohnt zu haben und leitete von hier die Aktion zu seiner Wahl als König von Ungarn ein. Im Jahre 1646, als Ferdinand zur Krönung nach Preßburg kam, wohnte er in diesem Hause. Später (1670) fand der kaiserliche Kommissär Graf Rothal in diesem Hause Unterkunft. Als dann 1683 türkische Truppen .."
- Brosz, Paul, 1992, Das letzte Jahrhundert der Karpatendeutschen in der Slowakei, S.77
".. In der Venturgasse 15, II. waren untergebracht: Sozialamt und Deutsche Gewerkschaft (Ing.Erhard Mühlberger), Rechtsamt (Dr.Willfried Meßler), Staatssekretariat (Hans Berger), die Dienststellen Preßburg-Land (Hans Berger), Preßburg-Stadt (Fritz Bamberg), Sozialstelle Stadt und Land (Josef Drescher). .."
- Herta Singer, 1971, Haydn Jahrbuch, Band 8, S.258
"..16. Jan. 1829 „Intelligenzblatt" In Carl Streibig's Kunst- und Industrie-Comptoir in Preßburg, Venturgasse Nr. 164 im Scherz'schen (vormals Teschenberg'schen) Hause, .."
- Strunz, Gunnar, 2007, Bratislava entdecken: Streifzüge durch die slowakische Hauptstadt, S.85
".. An der nördlichen Ecke zur Prepostska (Probstgasse, Nr.13) befindet sich das Palais de Pauli. Im Gartenpavillon dieses Palais trat, wie eine Tafel an der Fassade verkündet, 1820 der neunjährige Franz Liszt auf. Leopold de Pauli war Hauptverwalter der kaiserlichen Domänen in Poszony und ließ sich 1775/76, in der Blütezeit der Stadt, dieses Haus erbauen. Es ist das einzige der großen Palais mit einem Garten. Das Pauli-Haus wird in großen Teilen von der Universitätsbibliothek genutzt. .."
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Hausbewohner / Hausnutzung im Laufe der Zeit
- Familie von Wittmann-Dengláz: Johannes W.v.D., Elisabeth W.v.D. geb. Kluger v. Teschenberg, Julius W.v.D.
- ..
Hauseigentümer im Laufe der Zeit
- ..
- .. de Pauli
- Um 1824, das "von Teschenbergische Haus Nr. 164" > Anton Kluger v. Teschenberg
- Um 1829 bis zumindest 1837 das "von Scherz'sche vormals v. Teschenberg'schen Haus" > Philipp Schertz de Vászoja (Gerichtstafelbeisitzer, Gutsbesitzer, Händler und Kaufmann, Bürger von Presburg / Bratislava)
- Ab Ende 1842 bereits das "v. Wittmann'sche Haus", Johann v. Wittmann-Dengláz als Eigentümer
- Nach 1846 Übernahme durch Elisabeth v. Wittmann-D. geb. Kluger v. Teschenberg, die Gattin des bereits 1846 verstorbenen Johann v. W.-D.
- ..
Abbildungen
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