Neusiedel

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Neusiedel am See / AT


Anton Wittmann v. Dengláz wird (indirekt) in einem Zeitungsartikel vom 26.9.1926 erwähnt, in welchem der Stadterhebung der Stadt Neusiedel gedacht wird.

Dieser Artikel illustriert ein wenig die politische Verantwortung von Anton Wittmann als Güterdirektor der Herrschaften des Erzherzogs Carl gegenüber Ortsansässigen wie hier gegenüber den Bürgern von Neusiedel.

Gleichzeitig tritt die Bevölkerung von Neusiedel an den damaligen Landeigner EH Carl heran, - mit dem Ersuchen um Erhebung von Neusiedel zu einer "freien Stadt" - zu einer Zeit, als immer wieder Ideen und Planungen zur Trockenlegung des Neusiedler See's angedacht und vorgeschlagen wurden.


Im Folgenden wird der Text dieses Artikels - vgl. Abbildung unten - direkt wiedergegeben


"..

Neusiedl am See

Zur Stadterhebungsfeier des Marktes.

Von Stadtkaplan Ladislaus Stehlik.

In Neusiedl am See begann gestern die von der Gemeinde veranstaltete Stadterhebungsfeier. Heute ist der Hauptfesttag, an dem die Feierlichkeiten in Anwesenheit des Bundespräsidenten Dr.Michael Hainisch abgehalten werden.


Nicht weniger Lob gebührt dem, der sät, als dem , der erntet. Und so müssen denn die Neusiedler am Tage der Stadterhebungsfeier ihres Heimatortes außer den erfolgsgekrönten Männern der Gegenwart auch jener der Vergangenheit gedenken, die schon vor Jahrzehnten das gleiche Ziel anstrebten, wenn auch ohne Erfolg.

Mit nicht schwächerem Willen und geringerer Ausdauer waren sie daran, das ersehnte Ziel zu erreichen, und nur an den Zeitverhältnissen gebrach es, dass ihr Traum nicht in Erfüllung ging.

Doch vergessen wir nicht. In magis et voluisse sat est! Der Wille geht fürs Werk.


Der unermüdlichste aller Verfechter des Gedankens, man müsse Neusiedl zu einer Freistadt erheben lassen, war in der Vergangenheit Andreas Semmelrockh, ein am 6. März 1763 geborner Sohn des am 30. März 1792 verstorbenen Paul Semmelrockh und der ihm im Tode am 27. April 1809 nachgefolgten Theresia Semmelrockh, der sich am 22. Februar 1796 mit der achtundzwanzigjährigen Anna Maria gebornen Semmelrockh vermählte und Vater dreier Knaben und dreier Mädchen wurde.

Nicht nur ein musterhafter Ehegatte ist er gewesen, sondern auch ein auffallend reichbelesener, mit der Geschichte seines Heimatortes bestvertrauter, kluger Mann, den die Anerkennung und das Vertrauen seiner Mitbürger noch in jungen Jahren auf den Bürgermeisterstuhl erhob, wo er dann dreißig Jahre lang diensteifrigst und pflichtgetreuest dieses Ehrenamt pflog.


Seiner Bürgermeisterschaft hat Neusiedl viel zu verdanken. Er schuf nicht nur im Gemeindearchiv Ordnung, indem er ein wertvolles Verzeichnis wichtiger Urkunden anlegte und durch Inhaltsangabe und sorgfältige Aufbewahrung dieser sie der Nachwelt sicherte, sondern er hielt sein Augenmerk auch allen anderen Aufgaben zugewandt und war rastlos bemüht, Neusiedl zu heben.

Und darum will ich, der ich in seinen Aufzeichnungen eifrig gelesen habe, ihm von Herzen gern einen Kranz der Erinnerung winden.

Am 14. August 1824 trat auf Anregung Andreas Semmelrockhs eine aus ihm, dem Notar (Johann Händl) und zwei Ausschußmännern (Georg Leiner und Josef Amon) bestehende Abordnung an den Güterdirektor der Grundherrschaft (Edlen v. Wittmann) mit der Bitte heran, er möge durch seinen hohen Herrn, den Erzherzog Karl, beim königlichen Hofe erwirken, daß Neusiedl zu einer königlichen Freistadt erhoben werde.

Obwohl von diesem der Abordnung am 23. August des gleichen Jahres eröffnet wurde, daß auf einer königlichen Freistadt große Auslagen lasten, stand Andreas Semmelrockh als Bürgermeister des Marktes von seinem Wunsche doch nicht ab, indem er diese seine Bitte am 13. Oktober 1824 König Franz I. selbst vortragen ließ.

Laut Eingabe an den König hätte die Freistadt "Franco Carolina" heißen sollen, wodurch "die höchsten, der Nachwelt stets heiligen Namen Franzens I. und des damaligen erlauchten Grundherrn Erzherzogs Karl" verewigt würden.

Da sie auf "ihre untertänigste Bitte" keine Antwort erhielten, liefen sie dem Güterdirektor (Anm.: Anton Wittmann v. Dengláz) unermüdlich an den Hals, so daß dieser ergrimmte und am 14. Juli 1825 das ganze Marktgericht absetzen ließ.

Das vermochte freilich wenig zu helfen, weil die Bürgerschaft auch vom neuen Gerichte eine Betreibung dieses Wunsches forderte.

Da wurde auf Verordnung der königlich ungarischen Statthalterei vom 2. August 1825 die Untersuchung der Angelegenheit dem Komitat zugewiesen, von dem der Markt Neusiedl "sowohl in Hinsicht auf seine Verdienste als auch auf seine Lage und seine Kräfte zu einer königlichen Freistadt genügend befunden" wurde.

Ungeachtet dessen war die Grundherrschaft dagegen. Erzherzog Karl erklärte, daß "wenn es nicht der bestimmte Wille Sr. k.u.k. Majestät sein wird, damit der bittwerdende Markt in die Klasse der königlichen Freistädte komme, er Hochselber auf keinen Fall seine Beistimmung zu dessen Befreiung hergeben würde".


Und so blieb denn der Wunsch der Bevölkerung und ihres Bürgermeisters bloß ein Traum.

Späteren Zeiten war die Erfüllung vorbehalten. Der Weltkrieg, der die österreichisch-ungarische Monarchie in Trümmer schlug, brachte Westungarn an Oesterreich (1921). Das richtete sich hier auf Art der übrigen Bundesländer ein und hat wie diese einen eigenen Landtag.

Als in diesem im Jahre 1925 der Antrag gestellt wurde, daß Mattersdorf mit dem Namen "Mattersburg" zu einer Stadt erhoben werden möchte, verlangte in der am 28. November 1925 abgehaltenen Gemeinderatssitzung der Großgemeinde Neusiedl am See Gemeinderat und Landtagsabgeordneter Anton Horvath, daß auf Grund der geschichtlichen Vergangenheit des Ortes auch Neusiedl zu einer Stadt erhoben werden solle.

Durch einheitlichen Beschluß des Landtages unter der Landeshauptmannschaft Josef Rauhofers wurde dieser Antrag auch zur Wirklichkeit (1926).

Neusiedl am See ist eine Stadt. Nicht nur Stadt heißt sie, sondern Stadt ist sie. Emsig arbeitet man an seiner Verschönerung. Schon von alter Zeit her ein Badeort, blüht es als solcher besonders jüngstens empor und zieht mit seinem von besten Aerzten empfohlenen Schlammheilbad und seinen schönen Badeanlagen, an deren Ausbau Rand, Gemeinde und einzelne miteinander wetteifern, eine große Menge Fremder und Badegäste an.

Der Ort, ansonst auch Bezirksmittelpunkt, geht einer glänzenden Zukunft entgegen.

Unter dem Namen aber, die sich um das Aufblühen dieses Ortes verdient gemacht haben, nimmt der Name Andreas Semmelrockh eine Ehrenstelle ein und verdient es, in lebhafter Erinnerung zu bleiben all derjenigen, die der Aufschwung dieses Marktfleckens freut.

.."





Warum waren EH Carl und Anton Wittmann v. D. entgegen einer Stadterhebung Neusiedels?

Eine Antwort, warum sich EH Carl und sein Güterdirektor Anton Wittmann v.D. gegen den Wunsch der Ortsvertretung einer Erhebung des Orts Neusiedel in eine (Frei-)Stadt für ein Beibehalten des Markt-Status ausgesprochen hatte ist im Augenblick noch nicht geklärt.

Es ist aber zu vermuten, dass nicht eine Form von Willkür bei dieser Entscheidung die Grundlage gewesen war, sondern eventuell andere "übergeordnete" Interessen der Herrschaftseigentümer, als auch des nahen Verwandten des Erzherzogs, des Kaiser Franz I. (II.)., bestimmend waren.


Ein Grund dieser Haltung könnte in der "Verwendung" des Neusiedler See's gewesen sein, der bereits über Jahre zuvor immer wieder im Zentrum für "landschaftsplanerische" Überlegungen gestanden hatte.

Im Gegensatz zu heute, erschien der Neusiedler See häufig als "Bedrohung" der umliegenden Dörfer und Fluren, wenn sich dessen ohnedies sehr weitläufige Wasserfläche z.B. bei Hochwassern weit in das östlich davon liegende Gebiet der Hanság und in die (dünn) besiedelten Gebiete ausgedehnt hatte.


Hochwässer diesen Ursprungs führten zu diversen Regulierungsversuchen wie z.B. eines Kanals vom Neusiedler See in Richtung Györ, die Hanság teilweise durchziehend.

Doch auch diese Maßnahmen - die angeblich technisch in ihrer Planund und Ausführung z.B. um 1820 noch nicht zufriedenstellend ausgeführt waren - führten weiterhin zu Hochwässern. die auch weiter liegende Gebiete unter Wasser setzten.


Wie aus der Literatur bekannt - Angaben dazu folgen - setzten sich die davon betroffenen Komitate (Ödenburg, Wieselburg, ..) mit dem Vorhaben zusammen, eine geeignete Lösung zu finden.


Doch nicht nur die Hochwässer waren Anlass für Überlegungen.

Ökonomische Zielsetzungen, wie sie bereits andernorts in großen Maßstäben in Form von Trockenlegungen bzw. gezielter Bewässerungsmanagements für eine Ertragserhöung von z.B. Heu oder Getreide erreicht werden konnen, wurden auch auf die weite Region östlich des Neusiedler See's - der Hanság - projiziert.

Es wurden Pläne für eine teilweise Entwässerung des Hanságs erarbeitet, bei denen Anton Wittmann v. D. unter anderem auch federführend und planend vorangegangen war.

Unterschiedliche Interessen der an den Hanság angrenzenden Herrschaften bzw. Domänen führten zu einer Splittung der Interessensgemeinschaft und lediglich Anton Wittmann v.D. konnte schließlich sein großes Projekt, einer Teil-Entwässerung des Hanságs umsetzen.

Anmerkung: Die Spuren oder "Zeitzeugen" dieses Projekts sind nach wie vor sehr gut vor Ort "lesbar", die Kanalsysteme existieren bzw. funktionieren immer noch.



Entwässerung des Neusiedler See's

Der Erfolg in der teilweisen "melioration" des Hanság - heute würden wir aus ökologischen Gründen keinesfalls mehr solche Projekte in dieser Ausprägung zulassen - führte auch zu Diskussionen für eine Austrocknung des Neusiedler See's.

Anton Wittmann v. D. berichtet davon in einem seiner letzten "Landwirtschaftlichen Blätter", in dem er die Absichten bzw. den Zweck zu solchen Überlegungen darlegt und einer Rechtfertigung zuführen möchte.


  • Diese planerischen Überlegungen fanden in sehr konkreter Weise, mit einer durchaus bestehenden Umsetzungswahrscheinlichkeit etwa in den Jahren um 1930 statt, aber auch bereits vor diesem Zeitraum und natürlich auch danach.


Damit besteht die Vermutung, dass der Neusiedler See als Trockenlegungs-"Großprojekt", für eine daraus realisierbare, ökonoimsche Nutzung des See-Bettes als landwirtschaftliche Nutzfläche, bereits in einem starken Fokus gestanden hatte.

Eine Stadterhebung des Marktes Neusiedel wäre damit aus Sicht der Antrags-Ablehnenden auf einer niedrigeren Prioritäts-Stufe gelegen, wenn auch zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht erwünscht, um vielleicht (inneren) Konflikten vorzubeugen.

Ein innerer Konflikt hätte vielleicht daraus resulieren können, dass eine Stadterhebung des Markts Neusiedels aus Sicht der Bevölkerung in Kombination mit der Bedeutung ihrer Lage am Neusiedler See verstanden werden hätte können.

Die Besonderheit des Ortes und auch seiner wirtschaftlichen Qualitäten wären mit dem Neusiedler See auch damals schon eng miteinander verbunden gewesen. Heute würde man wahrscheinlich dieser Besonderheit mit einem gewissen Selbstverständnis begegnen.


Man stelle sich aber vor, dass nach einer Stadterhebung die hiesige Bevölkerung um ihren See aufgrund einer Trockenlegung "kommen" würde.

Dadurch ein wohlwollendes Einverständnis durch die Bevölkerung zu erwarten, scheint unmöglich.

Ebenso unmöglich erscheint heute jegliche Form der "Wegnahme" solcher Besonderheiten wie der Neusiedler See.


  • Nichts desto Trotz könnte darin das ablehnende Verhalten der Gütereigner, ihrer Direktion, als auch ihres Kaiser begründet sein, warum einer Stadterhebung von Neusiedel nicht zugestimmt wurde.

Es können aber natürlich einfachere Ursachen dafür ausschlaggebend gewesen sein.


(Literatur bezgl. des Projekts Trockenlegung des Neusiedler See's anfügen)



Abbildungen

Bilder zu Anton Wittmann v. Denglaz
Zeitungsartikel zum Gedenken an die Stadterhebung von Neusiedel, vom 26.9.1926, Quelle: Hugo Hinterberger
Das Areal des Hanság vor dessen Umstrukturierung und Neuparzellierung, Quelle: Anton Wittmann v. Denglaz, 1825, Landwirtschaftliche Hefte zunächst für die Beamten etc. in der landwirtschaftlichen Bildungs-Anstalt zu Ungarisch Altenburg, Teil IV und V, 1826
Das Areal des Hanság, Umstrukturierung und Neuparzellierung 1826, Quelle: Anton Wittmann v. Denglaz, 1825, Landwirtschaftliche Hefte zunächst für die Beamten etc. in der landwirtschaftlichen Bildungs-Anstalt zu Ungarisch Altenburg, Teil IV und V, 1826
Datei:Hansag-3.jpg
Das Areal des Hanság. Noch heute sichtbare Spuren der damaligen Umstrukturierungen, Stand 10.4.2013, Quelle: Google Earth 2013,
Hinweis: Die Nordrichung ist mit der alten Skizze zu vergleichen und zeigt hier "etwas nach links-oben"!