Stainz

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Das ehemalige Augustinerchorherrenstift

Das ehemalige Stift und Schloss Stainz ist in seiner früheren, religiösen Aufgabenstellung und weltlich ausgerichteten Geschichte zentraler Verwaltung und Wirtschaftens, mit einer sehr bewegten Nutzungsvergangenheit verbunden.

Von der Errichtung eines Klosters und einer kleinen Kirche im Jahr 1229 durch den damaligen Grundherren von Stainz Leuthold von Wildon, bis zur josephinischen Aufhebung des Augustinerchorherrenstift im Jahr 1785, wurde unter anderem der Gebäudebestand der Kirche, den Vorstellungen der jeweiligen Pröbste und zeitgenössischen Modeerscheinungen folgend, zunehmend vielfältiger ausgestattet.

Nach dem Abbruch der St.Jakobs-Kirche im Ort Stainz im Jahr 1600, wurde die Stiftskirche auch Pfarrkirche von Stainz.


Aufhebung des Stiftes und Umnutzung vorhandener Infrastruktur

Die weitläufigen Gebäudeteile der gesamten Anlage, mit den zugehörigen Gärten und Wirtschaftseinrichtungen fanden eine sehr wechselhafte Wertschätzung und Nutzung.


Während seines Bestehens als Augstinerchorherrenstift könnte man davon ausgehen, dass über einen sehr langen Zeitraum alle zugehörigen Einrichtungen die zum Stift hinzuzurechnen waren, umfassend genutzt und gepflegt oder erweitert wurden.

In Folge erscheint mit der Aufhebung des Stiftes 1785 eine gravierende Nutzungsveränderung auch die entsprechende Obsorge über substanzielle Bestandsanforderungen in einen neuen, aus heutiger Sicht relativ nachteiligen Zustand versetzt zu haben.

Die Nutzung eines großen Teils der Anlage als Kaserne fällt hierbei besonders bedeutsam auf, wenn man dabei bedenkt, dass im "Kriegsjahr" 1769 zwei Kompanien einquartiert waren und im "Friedensjahr" 1817 sogar vier Kompanien (vgl. Historischer Verein für Steiermark, 1968, Festschrift für Otto Lamprecht, S.105).

Die in der oben angegebenen Literatur schreibenen Historiker erinnern an die wiederkehrenden Auswirkungen eines "Einquartierens" von Militär in Gebäuden dieser Art, bei dem zumeist größerer Schaden an der baulichen und kulturhistorisch wertvollen Substanz oder sogar deren teilweiser oder gänzlicher Verlust einhergegangen waren.


Die funktionelle Aufteilung der Gebäudeanlage war im wesentlichen in drei Bereiche gegliedert.

Der östliche und südliche Teil war als Kaserne in Verwendung (1810), ein Teil des westlichen Flügels war für den Pfarrhof und ein Teil des nördlichen Flügels für das Verwaltungsamt der Staatsherrschaft vorgesehen.

Ein Liste über Raumzuteilungen wie Zimmer, Kammern, Küchen, Gewölbe und Keller beschreibt die Zuweisungsverhältnisse von 79 Räumen zur Kaserne, 15 Räumen zum Pfarrhof und 21 Räumen zum Amtsgebäude.


Diverse Schäden an der baulichen Substanz oder Einrichtung wurden finanziell durch das Militärärar und durch einen Quartierfonds abgedeckt.

Das laufende Reparaturausmaß schien sich aber in gewissen Grenzen gehalten zu haben, wenn man Ausführungen Notiz schenkt, die von Schäden im Kasernenbereich berichten.

Wenngleich auch die weiteren Nutzungsbereiche einer fortwährend unsanierten Verschlissenheit unterworfen waren, so tritt aus einer Beschreibung hervor, dass z.B. 1812 im Kellerbereich der Kaserne Wassereintritt festzustellen war und die innere Einrichtung wie Türen, Schlösser, Öfen, Fensterstöcke und Fußböden in schlechtem Zustand vorzufinden waren.


So beschreibt schließlich der Landestopograph Janisch, dessen Ausführungen in diesem Beispiel durchaus den Tatsachen entsprechen können, die bauliche Situation des ehemaligen Stiftes und nunmehr Militär-, Kirchen- und Verwaltungskomplexes wie folgt:

"Wie die meisten(!) Staatsgüter wurde auch dieses vandalisch verwahrlost, so daß die Unbilden des Wetters durch die unverglasten Fenster eindringen konnten, die WÄnde blieben ungetüncht, die Gärten verödet etc.".


Die Reprivatisierung der Herrschaft Stainz

Dieser vorgefundene, bauliche Zustand wie oben beschrieben, der mit der damals vorliegenden Nutzung vereint aufgetreten war, erscheint als repräsentativer "Tiefpunkt" dieser Anlage in Relation zum Ort und zur Region Stainz.

Vor allem aus der heutigen, historischen Retrospektive, in welcher das "Aufblühen" dieser Anlage und die neu gewonnene Bedeutung von Stainz durch den Einzug des Erzherzogs Johann einen neuen, etwas verklärten Stellenwert erlangt hatte, mag der Bestandszeitraum zwischen 1785 und ca. 1830 tatsächlich einen sehr unerfreulichen Zustand des Gebäudekomplexes widergespiegelt haben.


1829 wurde schließlich die Schlossanlage und zugehörige Besitzungen als Staatsherrschaft versteigert.

Anton von Wittmann-Dengláz war aus dieser Versteigerung als Meistbietender und damit neuer, privater Eigentümer dieser Herrschaft hervorgegangen, wie weiter unten angeführt wird.

Die damit einhergehende Reprivatisierung wurde formalrechtlich 1830 abgeschlossen.


Der Zeitraum zwischen dieser Privatisierung 1830 und der weiteren Veräußerung an EH Johann im Jahr 1840 erscheint wie ein Bindeglied oder eher als Neuanfang, was die wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Stellung der Herrschaft Stainz für die Bürger vor Ort und zugehörigen Gemeinden betrifft.

Wenngleich mit dem neuen Eigentümer Anton Wittmann v.D. noch keine grundlegenden Innovationen vor Ort in die Tat umgesetzt worden waren, die eine Art Musterwirtschaft und Alterssitz zum Ziel hatten, so sind dafür die gleichzeitig noch bestehenden, beruflichen und familiären Umstände des neuen Eigentümers zu beachten.


Anton Wittmann's Familie pflegte als Lebensmittelpunkte die Orte oder Städte Wien, Bratislava ("Poszony") und Mosonmagyarovar (Ungarisch Altenburg), wobei vor allem letztere mit dem beruflichen Tätigkeitsfeld in der zentralen Inspektion und Verwaltung der dortigen und ferneren Güter des EH Karl bedeutsam war.

Anton Wittmann selbst war zu dieser Zeit im Dienst als oberster Güterverwalter des EH Karl und vorher schon in der selben Funktion bei dessen Onkel bzw. Ziehvater Albert Kasimir Sachsen-Teschen.

Mit dieser Aufgabe war eine große Reisetätigkeit innerhalb der erzherzoglichen Ländereien von Westungarn, Mähren, Österreichisch-Schlesien und Galizien verbunden.

Somit war seine erworbene Herrschaft Stainz noch nicht in dessen zentralem Fokus gelangt, jedoch vorausblickend für seinen jüngsten Sohn Carl Wittmann v. Dengláz bestimmt.

Die Aufgabenstellungen, die an Anton Wittmann in dieser Zeit herangetragen wurden, waren immer noch beträchtlich, es hat jedoch den Anschein, dass er trotz allen Verpflichtungen und Projekten andernorts, durch regelmäßige Reisen nach Stainz auch hier seinen Pflichten nachgekommen war.

Darüberhinaus war er über seine berufliche und gesellschaftliche Stellung im landwirtschaftlichen Bereich auch sehr gut mit steiermärkischen Sozietäten vernetzt, wie z.B. mit der steiermärkischen landwirtschaftlichen Gesellschaft und deren Mitglieder.

Damit war die ohnedies sehr umfassende, geographische Ausdehnung von Wittmann's Aufgabenbereichen noch um ein gutes Stück angewachsen. Eine Fahrt von Ungarisch-Altenburg nach Stainz hatte in Etappen z.B. etwa drei Tage gedauert und führte über den Semmering nach Bruck a.d. Mur weiter nach Graz, Tobelbad und schließlich nach Stainz.


Die berufliche Nähe zur landwirtschaftlichen Gesellschaft in Wien und in der Steiermark, aber auch über seinen sehr freundschaftlichen Kontakt zu EH Karl und in Folge zu EH Johann, machte ihn mit Johann Zahlbruckner (sen.) bekannt, dessen Sohn - ebenfalls Johann Zahlbruckner (jun.) - in der 1818 gegründeten landwirtschaftlichen Hochschule in Ungarisch-Altenburg Student gewesen war.

Johann Zahlbruckner (jun.) war mit Anton Wittmann's Enkelin Franziska geb. Mayer verheiratet und hatte mit ihr eine große Schar an Nachkommen.



Anton Wittmann v. Denglaz in Stainz

Wie oben beschrieben, konnte das 1785 aufgehobene Augustinerchorherrenstift Stainz und der zugehörige Besitz - zusammen ein Religionsfonds- bzw. eine Staatsherrschaft -, im Jahr 1829 durch Anton v. Wittmann-Dengláz als Meistbietendem ersteigern werden.

Die Herrschaft Stainz sollte zu einer "Musterwirtschaft" entwickelt werden und zugleich Alterssitz für Anton Wittmann und einem Teil seiner Familie werden.

Im Zuge dieser Privatisierung war auf Anton Wittmann v. D. die Ausübung seiner herrschaftlichen Pflichten übergegangen, wie z.B. unter anderem die Abwicklung von Streitfällen von Grund-Eigentümern in Stainz, speziell in Fragen von Waldnutzungsrechten.



Verkauf der Herrschaft Stainz an EH Johann

Anton Wittmann v.D. verkaufte diese Anlage mit entsprechendem "Zubehör" und Hoheitsrechten im Jahr 1841 an Erzherzog Johann.

Es wird vermerkt, dass zum Zeitpunkt des Verkaufes die Schlossgebäude und zugehörigen Anlagen bereits relativ verfallen waren bzw. im Anschluss daran eine große Sanierung durch EH Johann vorgenommen werden musste.

Ein Grund mag sein, dass die Schlossanlagen als Kaserne verwendet wurden und bereits vor dem Kauf durch Anton Wittmann v. D. als Staatsherrschaft keine besonderen Sanierungsanstrengungen geleistet worden waren.

Aus dem Zustand der Schlossanlagen zum Zeitpunkt des Verkaufes an EH Johann im Jah 1841 hatten sich Anmerkungen zur Art des Verkaufes entwickelt, die eine sehr hohe Preissteigerung im Zeitraum von 11 Jahren monierten.

Anlass dazu war die Preisdifferenz der Ersteigerungssumme von 174.000 Gulden Wiener Währung im Jahr 1829 in Relation zur Verkaufsumme von 250.000 Gulden im Jahr 1841, was einer Preissteigerung von ca. 40% entspricht.


Die Gründe mögen abgewogen und hinterfragt werden, letzten Endes war es eine Verkaufssituation einer Immobilie ähnlich im Vergleich zu heute und die genauen Hintergründe dazu sind nicht geklärt, vor allem wenn man berücksichtigt, dass Anton Wittmann v.D. dem Kaiser und seiner Familie sehr loyal gegenüberstand.

Vielleicht liegt dieser "Wertsteigerung" aber auch zu Grunde, dass Albert Kasimir Sachsen-Teschen aus seinem Erbe an EH Johann eine hohe Summe von etwa 200.000 Gulden vorgesehen hatte, damit sich der Erbende seinen landwirtschaftlichen Projekten voll widmen kann.

Spekulation: Vielleicht war dies ein indirektes Erbe an Anton Wittmann v. Denglaz, dem Albert Kasimir Sachsen-Teschen fast freundschaftlich nahe stand und welcher von seinem "obersten Herren" in der Vergangenheit schon oft groß belohnt worden war.

Wie man weiß, hatte EH Johann diese von EH Albert Kasimir geerbte Summe aber für den Kauf und Umbau des Brandhofes bereits ab 1818 verwendet, sowie zur Gründung umfassender, landwirtschaftlicher Projekte.


Wie und auf welcher Grundlage die Verkaufsverhandlungen zwischen Anton Wittmann v. D. und EH Johann zur Herrschaft Schloss Stainz erfolgt waren, kann hier im Augenblick nicht dargestellt werden.


Der Verkauf des Schlosses scheint aber aber auch im Zusammenhang mit weiteren Aspekten einhergegangen zu sein.

Einerseits war dies die hohe, beruflich bedingte Reisetätigkeit von Anton Wittmann v.D. als Güterverwalter und -Inspektor des EH Carl, die Stainz als zentralen Aufenthaltsort hinterfragen ließen.

Andererseits aber auch der Tod seines Sohnes Karl (Carl) Wittmann v. D., der in Stainz am 20.6.1836 an "Lungenbrand" (Gangraena pulmonis) verstorben war.

Letzteres wird schließlich als Auslöser vermerkt, warum Anton Wittmann v.D. nicht mehr motiviert war, Stainz weiter zu behalten.


Die Herrschaft Stainz ging so durch Verkauf in das Eigentum des EH Johann über und war dann in Folge Familieneigentum der Grafen von Meran (Anm.: EH Johann's genehmigte Namenserwerbung "Graf von Meran" durch Kauf des Schlosses Schenna bei Meran).


Am 24.4.1840 wurde zwischen Anton v. Wittmann-Dengláz und EH Johann der Kaufvertrag für den Kauf der Herrschaft Stainz abgeschlossen.


Soweit bekannt, gehörten zu diesem Zeitpunkt der Herrschaft Stainz folgende Güter und Rechte:

  • Das Schloss und dessen Wirtschaftsgebäude
  • Grundstücke im Umfang von 1215 Joch und 1444 Quadratklaftern, die sich aus verschiedenen Anteilen von 70% Wald, 20% Wiesen und 10% Ackerland zusammengesetzt hatten.
  • Weiters bestand das Hoheitsrecht in Form eines Patronats über die Pfarre und der Schule in St.Josef bei Stainz.
  • Als Rechte waren zudem das Fischereirecht im Stainzbach verknüpft, von dessen Quelle bis zur Einmündung des Teiplbaches,
  • Es bestand ein Recht auf Standgeld für bzw. von Krämern für den kleinen Schlosshof,
  • Aus der Grundherrschaft heraus bestand eine obrigkeitliche Stellung den Untertanen gegenüber,
  • In 15 sogenannten Ämtern waren die Untertanen erfasst, die über einen großen Teil der Weststeiermark verstreut waren,
  • Jene Untertanen waren zur Leistung verschiedener Abgaben und Zehente verpflichtet, aber auch zu Robot-Leistungen verpflichtet,
  • Zudem hatte die Herrschaft die Patrimonialgerichtsbarkeit für den Markt und 32 Gemeinden besessen.


Erzherzog Johann strebte angeblich nach dem Kauf dieser Herrschaft eine unveränderte Besitzstruktur an, die er seinem Sohn und dessen Nachkommen erhalten wollte, in dem ein Fideikommiss erreichtet werden sollte.


Der Besitz des ehemaligen Chorherrenstiftes Stainz in der Umgebung von Lankowitz kam zum steiermärkischen Religionsfonds.

Heute steht er im Eigentum der Forstverwaltung Lankowitz, der österreichischen Bundesforste.


..diverse Notizen



Abbildungen und Dokumente

Kupferstich v. Andreas Trost für Georg Matthias Vischer, "Topographia Ducatus Stiriae", 1675 bis 1678
Kupferstich von Andreas Trost zu Stainz, 1675 bis 1678
Kupferstich von Andreas Trost zu Stainz, 1675 bis 1678
Kartenansicht von Stainz aus der Franziszäischen Aufnahme im Jahr 1834, etwa zur Zeit des Anton Wittmann-Dengláz
Kartenansicht von Stainz aus einem Mil.Aufnahmeblatt von 1877
Schloss Stainz auf einer Ansichtskarte von ca. 1941