Bewässerung von Feldern und Wiesen nach lombardischer Weise

Eines der ersten, größeren Projekte Anton Wittmann's war die Einführung der damals (um 1800) genannten "Bewäserungsmethode nach lombardischer Weise".


Dabei handelte es sich um ein in Italien schon länger bekanntes Verfahren (z.B. Mailand und Umgebung), mit Hilfe dessen Wiesen und Felder fruchtbringend und vor allem systematisch bewässert werden konnten. Die "Systematik" war nicht zuletzt eine willkommene Eigenschaft solcher Einrichtung, so die Landwirtschaft bereits um 1800 nach effizienten und vor allem ertragreichen Methoden trachtete.


Vorwort

Das Hervorbringen größerer Mengen an "Rohstoffen" aus der Landwirtschaft und auch das Urbarmachen von Landesfläche, die durch natürliche Einflüsse - vor allem durch übermäßige Wassereinwirkung oder Trockenheit - lange Zeit wirtschaftlich ungenützt verblieben war, bot der Verlockung nach Ertrag und damit wirtschaftlicher Vorteilsstellung die Hoffnung nach einer steuerbaren Produktionsplanung, mit Ausblick auf Steigerung.

Der Zeitpunkt dieser Landwirtschafts-Versuche, auf österreichischem Staatsgebiet markiert gleichsam einen Schub landwirtschaftlichen Produktionsverhaltens, als Vorbote für die darauffolgende Industrialisierung und Intensivierung im landwirtschafltichen Bereich.

Allerdings muss man der Fairniss halber hier hinzufügen, dass der angestrebte Vorschub an Produktionsleistungen nach wie vor aus einem zu berücksichtigenden, naturadäquaten Kultur-Kreislauf heraus geplant und betrieben wurden.

Das hatte bedeutet, dass vor allem Die Nutzung natürlicher Ressourcen im Vordergrund gestanden hatte und das Zusammenwirken unterschiedlicher "Biotope" als höheres, anzustrebendes Ideal betrachtet wurde.

Diesen Grundsatz, der Beachtung und des Zulassens natürlicher Vorgänge genügend Raum zu lassen und Natur bei der landwirtschaftlichen Arbeit mitwirken zu lassen - so seltsam das vielleicht für manchen klingen mag, in unserer Zeit jedoch alles andere als selbstverständlich erscheint - hatte Anton Wittmann während seines Wirkens bis zu seinem Lebensende stets hoch gehalten und in seinen Schriften und Vorlesungen förmlich "gepredigt", um in den nachfolgenden Generationen an Landwirten ein nachhaltiges Verständnis für das Verstehen natürlicher Zusammenhänge zu fördern und festigen.


Anton Wittmann hatte um 1801 begonnen, für den damals sehr wohlhabenden Güterbesitzer Baron Peter von Braun als Wirtschaftsrat bzw. Verwalter dessen Domänen zu arbeiten. Die wirtschaftlich sehr agil agierende Persönlichkeit des Peter von Braun dürfte ein Grund gewesen sein, warum es Anton Wittmann zu dieser Zeit möglich schien, nicht nur nach landwirtschaftlicher Literatur zu handeln, sondern auch über den Weg von Forschungsreisen neue Erkenntnisse zu gewinnen, die auch für österreichische Gefilde anzuwenden interessant erschienen waren.


Dieser Artikel soll über das Projekt der "lombardischen Bewässerungsmethode" handeln, jener Methode, die Anton Wittmann's auf einer solcher Studienreisen genauer studieren konnte und als "know how" nach (Nieder-)Österreich "importiert" hatte.

Es galt, das Potential der jeweiligen Herrschaften bzw. deren landwirtschaftliche Betriebskapazität weitgehendst auszuloten. Dies mit Mitteln, die zudem rein rechnerisch wirtschaftlich argumentierbar bleiben sollten, wenn es sich auch nicht gerage um "billige" Investitionen gehandelt hatte, jedoch solch mit absehbarer, langjähriger, positiver Nachwirkung.

Das genannte Projekt war offenbar ein willkommenes Experiment und später Vorzeigeprojekt, mit Hilfe dessen demonstriert werden sollte, dass die landwirschaftliche Grundproduktion in österreichischen Ländern noch keineswegs an seinen Grenzen angelangt war.

Der Wille zur Intensivierung landwirtschaftlicher Produktion sollte auch reproduzierbar umgesetzt und umfassend dokumentiert werden, damit erkennbar gemacht werde, auf welche Weise andere Landwirte Chancen ihrer Güter und Einrichtungen optimal zu orten und zu nutzen motiviert werden konnten.

Landwirtschaftliche Domänen dieser Zeit verfügten über durchaus sehr weitläufige Areale, mit Ausstattungen, die in unserer Zeit eher als Naturschutzgebiete einzuordnen wäre, wie z.B. Moore, Sümpfe, Überschwemmungsbereiche etc..

Landwirten bzw. die herrschaftlichen Grundeigentümer betrachteten offenbar solche Orte auch als den Ausgangspunkt für die Vermehrung von Insekten und "Dämpfen", die ihrer Landwirtschaft und der hiesigen Bevölkerung eher schade als nütze, weshalb sich Anton Wittmann möglicherweise motiviert sah, hier eine Umwandlung von Biotop-Typen herbei zu führen, die nach erfolgter Transformation neue und weiterhin "natürliche", funktionierende Eigenschaften besitzen sollten.

Das Trockenlegen von Sümpfen und Mooren, oder das Entwässern von "sauren Wiesen" - als die Senkung eines lokalen, durchschnittlichen Wasserpegels schien damals ein Lösung zu sein, mit der Argumentation eines Handelns für den Menschen und für den Staat, auch unter der Berücksichtigung einer "patriotischen Grundhaltung".

Es scheint hier wichtig sein zu erwähnen, dass zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts mutmaßlich eine Sichtweise der umgebenden Natur vorherrschte, die man sich in weiterer Literatur eigen machen sollte, um zu leichtfertigen Schlüssen vorzubeugen, also z.B. einen direkten Vergleich der heutigen Nutzung unserer natürlichen Ressourcen unter entsprechender Abwägung zu versuchen.

Dennoch sollte auch das damalige Handeln im Bereich der Landwirtschaft kritisch aber weitgehend vollständig befunden werden.

Ideen wie die Trockenlegung des Neusiedlersee's (etwa um 1830/40) sind da die Extrema, die damals zwar ernsthaft diskutiert und in Erwägung gezogen wurden, aber aus heutiger Sicht zum Glück nicht durchgeführt worden sind. (Mehr dazu später)


Das Projekt

Anton Wittmann konnte in der sogenannten "Blumau", einem Landstrich südlich von Wien und knapp nördlich an Wr.Neustadt angrenzend, mit der Realisierung seines ersten großen Projekts beginnen.

Das zur Verfügung stehende Areal gehörte zur Herrschaft Schönau an der Triesting, deren Eigentümer der Baron bzw. Freiherr Peter von Braun war und in dessen Dienste Anton Wittmann ab 1801 gestanden hatte.

Der Ort des Experiments einer "lombardischen Bewässerung" war günstig gewählt, da das Areal entlang des sogenannten "Kalten Ganges" der Triestin gelegen war und nach wie vor so vorliegt. Damit war eine ausreichende Wasserzufuhr, als auch Ableitung gesichert und trotz sehr ebener Lage des hiesigen Landstriches, konnte ein Flußgefälle wirksam mit einbezogen werden.

Ziel war, die unter dem damaligen Sprachgebrauch "heuschreckenöden Felder" urbar zu machen und in fruchtbare Wiesen um zu wandeln.

Verfolgt man die entsprechende Literatur über die "lombardische Bewässerung" bzw. die Projekt-Beschreibungen Anton Wittmann's wie z.B. in seinem Buch "Über die Bewässerunng der Felder und Wiesen nach lombardischer Weise"Unterricht über die Bewässerung der Wiesen und Felder, nach Lombardischer Weise: nebst Mittheilung einer sehr einfachen und zweckmäßigen Methode, den Garten- und Kartoffelbau im Großen zu betrein ; nebst beygefügter Beschreibung und Erklärung einer sehr einfachen und zweckmäßigen Bewässerungs- und Entwässerungsmaschine", so wurden sehr ausgedehnten Fläche reißbrettartig angelegt, deren quadratische Grundrisse im Schnitt mit einer Wölbung versehen wurden, umfasst von einer Vielzahl an Kanälen zur Wasser-Zu- und -Abfuhr.

Die Feld-Segmente wurden im einzelnen mit Baumreihen weitgehend eingefasst, um einerseits Wind-Erosion vorzubeugen, als auch den Luftfeuchtigkeitsgehalt innerhalb der Segmente ausgeglichen halten zu können.

Man bedenke hierbei, dass die geographische Lage dieser Felder sich am Rande der pannonischen Tiefebene befindet, relativ frei von natürlichen Wind-Hindernissen vorliegt und daher klimatische Randbedingeungen entsprechend einzuschätzen sind.

Die Umfassungen der Feldsegmente bestand aus Baumreihen von Säulenpappeln (populus nigra italica), als auch Edelkastanie (castanea sativa), Kastanienbäumen (aesculus hippocastanum), Zuckerahorn (acer saccharum), als auch Obstbäumen, sowie dazwischen gepflanzte Weinstöcke, deren Ranken sich in den benachbarten Bäumen verankerten.

Die Triesting wurde teils angestaut und über den Weg einer bestimmten Kanalflutungs-Abfolge im Sinne eines Bewässerungsmanagements über die Felder- und Wiesenflächen geführt.


Dabei waren Berieselungsmenge und -dauer genau zu beachten und stets die Funktion der Schleusenelemente und Kanalfunktion zu gewährleisten.

Nichts desto Trotz gab Anton Wittmann Empfehlungen über den Einsatz bestimmter Materialen für Schleusensysteme, um auch hier ein wirschaftliches Augenmerk auf eine günstige Wartbarkeit hervorzustreichen.

Es galt nach wie vor das "große Ganze", also die Mehrung der Produktionskraft und des Vermögens einer Domäne, mit dem entsprechenden Geldeinsatz, dem nach einer geplanten Wirtschaftsperiode von z.B. zehn Jahren ein entsprechender Ertrag gegenüber zu stellen war.


Die Idee so einer Bewässerungsmethode scheint aus heutiger Sicht nicht besonders innovativ, dennoch war dies in der damaligen Zeit ein Referenzprojekt großen Ausmaßes, das durch Interessierte und Fachleute besucht und bestaunt wurde und deren Idee - und vor allem Handhabe - im europäischen Raum kundlich weit verbereitet wurde.


Die Bodenzusammensetzung der neuen Feld-Parzellen war von Beginn an im Grunde sehr gut. Man erkennt dies anhand von diversen, österreichischen Bodenkarten aus dieser Region.

Dennoch schien den Eigentümern und Bearbeitern dieser Flächen das Vorhaben der Trockenlegung bzw. Transformation nicht möglich, eine Wirtschaftlichkeit solcher Vorhaben war auf den ersten Blick nicht sichtbar. Dieser Aspekt, mit den Eigenschaften von Großprojekten dieser Art, hohe Risiken eines sehr großen Kapitaleinsatzes durch eine gutes Know How und Planbarkeit zu verringern erscheint in unserer Zeit doch relativ modern.


Domänen-Eigentümer und Berichterstatter waren damals vom Gelingen dieses Projektes begeistert und auch Kritiker meldeten sich angeblich zu Wort, die die Möglichkeit solcher Vorhaben auf eine Basis der Selbsverständlichkeit gestellt hatten, wenn denn genug Kapital vorhanden wäre.

In diversen Projektbeschreibungen anderer Grundeigentümer lässt sich jedoch herauslesen, dass Geld alleine nicht der Schlüssel zu einer Wohlstandsvermehrung war. Es bedurfte vielmehr eines gut überlegten Handelns, gepaart mit Erfahrung und Wissen.

So weit die Quellen davon sprechen, dürfte Anton Wittmann besonders in diesem Punkt eine herausragende Persönlichkeit gewesen sein, die trotz höherer Bildung auch über ein gehöriges Maß an praktischem Wissen und Drang zum Selbstversuch inne gehabt hatte.


Das Bewässerungsprojekt wurde schließlich damit abgerundet, dass eine eigene Wirtschaftsdomäne entstanden war, die die neu gewonnenen Wiesen als Futter-Ressource und auch die Äcker zum Erdäpfel-Anbau verwendet wurden, samt einer Hofeinrichtung, die einen großen Bewirtschaftungsmaßstab zulies.