Windern

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Ein Versuch einer Analyse von Vischer's Ansicht "Winderen" (Windern in Oberösterreich)


Winderen, Vischer-Stich, ca. 1647, Ansicht von Windern, mit seinem Schloss

Ansicht des Schlosses und Ortes Windern, Vischer


Anmerkungen zum Vischer-Stich der Ansicht von Schloss Windern, samt benachbarten Häusern

Jene, die den Ort Windern gut kennen und auch die künstlerische Darstellungsweise von Stichen oder Radierungen dieser Art entsprechend einzuschätzen wissen, werden vielleicht speziell bei dieser Ansicht eine Übereinstimmung zwischen Zeichnung und Realität hinterfragen.


Bei so einem kritischen Blick und dem Versuch eines Vergleiches sollten einige Randbedingungen für solche Darstellungen berücksichtigt werden.

Es sind dies z.B.

  • die handwerkliche Herstellungsweise solcher Ansichten,
  • eigene Maßgaben des Künstlers an Abstraktion,
  • künstlerische Freiheit,
  • zeitliche Diskrepanz zwischen Aufnahme und Umsetzung durch einen Kupferstich,
  • letzten Endes auch das Auge des Betrachters und seine persönliche Erfahrung mit Ortswahrnehmungen


Dennoch: Was manchen in diesem Bild in erster Linie besonders auffällt, ist die "Verschiebung" des landschaftlichen Hintergrundes zur Perspektivenansicht des zentralen Schlossgebäudes, im Vergleich zur "Realität".

Verstärkt wird dieser Eindruck beispiels weise durch den dargestellten Wegeverlauf in Richtung des Schlossgebäudes, in Relation zum landschaftlichen Hintergrund, aber auch in Relation zum Schlossgebäude selbst.

  • Der Vollständigkeit halber muss man aber auch auf die Arbeitsweise des Georg Matthäus Vischer (1628 - 1696) verweisen, die durchwegs gewisse "Verzerrungen" zwischen Natur und Abbildung aufweisen und gesamt eine bestimmte Ästhetik verfolgen.

Dieser Umstand ist aber bestens bekannt und fördert eventuell den "zweiten Blick" auf derart Abbildungen.


Dennoch und vielleicht auch deshalb erscheint es interessant, sich mit Detailfragen zu dieser Darstellung - "Winderen" - auseinander zu setzen, um womöglich zu einer Schlussfolgerung zu gelangen, die eine gänzlich neue Betrachtungsweise ermöglicht.



Vergleichende Überlegungen zu Vischer's Darstellung von Windern

Der Wegeverlauf

Die örtlichen Lage der dargestellten Gebäude bzw. Anlage, wie man sie in der heutigen Zeit vorfindet, weist einen alten Wegeverlauf entlang des Schlosses auf (heute nicht mehr durchgängig zugänglich).

Aufgrund der Eigenschaft dieses Weges als "sehr alte" Straße und Verbindungsstück zwischen den nächstgrößeren Orten Rüstorf im Norden und Viecht am Traunfall südlich, würde man davon ausgehen, dass der in Vischer's Stich gezeichnete Wegstreifen, samt Gittertürchen - gleichsam eines Garten-Zauntores - auf diesen alten Hauptweg verweisen soll.

Ein relativ klein ausgeführtes "Gartentor", das als Verlängerung einer eingezeichneten Zaunanlage folgt und von einer Hecke am Wiesenrand fortgesetzt wird, erweckt jedoch nicht den Eindruck einer Hauptstraße die z.B. für postalische, militärische, landwirtschaftliche Zwecke im alltäglichen Gebrauch dienen soll.

Die "alte Straße durch Windern", die es tatsächlich gab, war der einzige Hauptweg in dieser etwa Nord-Süd-Richtung und müsste entsprechende Prioritäten in der frei zugänglichen Wegesgestaltung oder Durchgängigkeit aufgewiesen haben.

Der Ort Windern und zugehöriges Straßensystem im Franziszäischen Kataster, ca. 1830.
Der dargestellte Wegeverlauf in Relation zur Schlossanlage Windern.

Ein Grund, warum manchmal der Verdacht nahe liegt, dass hier die "alte Straße" dargestellt sei, mag in der zentralen Position eines Schloss-Tores und den darauf ausgerichteten Wegeverlauf zurückzuführen sein, der solche Assotiationen zulassen würde.


  • Anbetracht der obigen Überlegungen könnte dieser Eindruck jedoch den Betrachter etwas irritieren und es könnte davon auszugehen sein, dass der dargestellte Weg doch nicht die "alte Straße" durch Windern, entlang des Schlosses sei.
Mehr dazu auch unter dem Punkt "Das Gartentor vor dem Schlosstor" unten.


Schattierungen

Dem Künstler obliegt die Art der Darstellung. So mag es auch mit der Wiedergabe der Lichtverhältnisse vor Ort sein.

Schattierungen geben einem Objekt in einer Zeichnung eine gewisse Plastizität, können aber auch eine räumliche Stimmung wieder geben, die einen "düsteren" Ort von einem "lichten" Ort unterscheidbar machen.

Schattierungen können auch die Dichte an Objekten verdeutlichen, deren räumliche Nähe zueinander.

In Vischer's Darstellung von Windern finden sich signifikantere Schattierungen entlang eines Schlossmauern-Abschnittes.

Sie liegen auch flächendeckend auf dem zentralen, inneren Schloss-Gebäude, sowie an sämtlichen giebelständigen Häuserfronten, die sich als Hauszeile an einem Eckturm der Umfassungsmauer aneinanderreihen.


Diese Schattierung erlaubt eine plastischere Visualisierung einer Aneinanderreihung oder kastkadenartigen Staffelung, so dass auch eine Hierarchie von Räumen in Erscheinung tritt.

Die helle Front der Umfassungsmauer mit seinem zentralen Tor liegt in der Bildmitte, gleich dahinter eine helle Front des zentralen Schlossgebäudes.


Möglicherweise ist dies der konzeptionelle Ausgangspunkt für den gesamten Bildaufbau, der sowohl die nahestehenden Ortsgebäude, die etwas weiter entfernt umliegenden Felder und Wiesen, als auch den sehr weit entfernten, landschaftlichen Hintergrund mit der markanten Gebirgskette und ihrem "Hauptberg" des Traunsteins an einen Punkt zusammenführt und vereint.


In der Tat vermittelt die geographische Lage des Ortes Windern die Situierung eines Aussichtspunktes, der einen großen Ausschnitt der Voralpen- und Zentralalpenkette je nach Wetterlage sehr deutlich und eindrucksvoll hervortreten lässt.

Der Ort Windern liegt tätsächlich auf einer Art Plateau, das unter anderem durch eiszeitlich bedingte Sedimentverfrachtungen und Ablagerungen entstanden sein soll.


Selbst einzelne Bergblöcke in Vischer's Stich weisen eine Schattierung auf.

Berge im Hintergrund, mit Schattierungen einer Beleuchtung aus dem Osten.
Schattierungen an Gebäuden in Vischer's Ansicht von Windern.


Dies könnte so verstanden werden, dass die Massivität und vermeintliche Nähe dieser Bergketten und -gipfel einen wesentlichen, landschaftlichen Eindruck an diesem Ort prägt.

Der freien Sicht auf diesen Alpenausschnitt steht kaum eine Waldung im Wege.

Dieser Umstand ist insofern früher wie heute gegeben, als zum Zeitpunkt bereits sehr alter Besiedlung dieses Orts umliegende Areale und Fluren einer landwirtschaftlichen Nutzung unterstanden.

Die nächstgelegenen Wälder, die auch zur Herrschaft Windern gehört hatten, lagen auch hier mindestens eine Talebene niedriger - in den jeweiligen tiefergelegenen "Traunstufen" die der Traunfluss im Laufe von Jahrtausenden gegraben und hinterlassen hatte.

Ausgenommen sind davon waldartige Baumgruppen, hinter dem Schlossareal angedeutet, die hier weiter unten angesprochen werden.


  • Damit ist dieser eindrucksvolle, ungehinderte Blick auf die alpine Bergkette im Norden auch bereits in Vischer's Ansicht von Windern wiedergegeben.


Die Schattierung im Verhältnis zu Himmelsrichtungen

Vischer zeigt Windern, insbesondere seine alpine Bergkette im nördlichen Hintergrund mit ihrem nächsthöchsten Berg, dem Taunstein, im Hauptlicht, das aus östlicher Richtung einzustrahlen scheint.

Der Zeitpunkt für die Beleuchtung aus östlicher Richtung, zum Sonnenaufgang taucht jedoch die Bergkette aus dem Blickwinkel von Windern aus betrachtet eher in die Anmutung einer dunklen Silhouette, mit dem Profil der Berggipfel und Höhenverläufe.

(vlg. Bilder einfügen)

Viel mehr erscheinen einzelne Bergobjekte wie der Traunstein, oder aber auch davorliegende Hügel wie der Grünberg, erst nachmittags im Licht der gegen Westen untergehenden Sonne und beleuchten sie aus der Perspektive von Windern von der "rechten" Seite, also aus westlicher Richtung.


Hier stellt sich erneut die Frage, was der Künstler Vischer ursprünglich darstellen oder bildlich aussagen wollte?


Die Lichtführung, von der linken Seite des Bildes kommend, kann ein gestalterisches Prinzip sein, so wie dies durchaus aus der LAndkartenerstellung bekannt ist, bei der man die Schattierung des Geländeprofiles so wählt, dass die Lichtquelle immer nördlich oder nordwestlich liegt.

Obwohl solche dargestellten Lichtverhältnisse mit der natürlichen Situation nicht übereinstimmt, bedient man sich dennoch dieser Methode, weil sie dem menschlichen Auge bzw. Gehirn durch diese Maßnahme offenbar eine bessere räumliche Vorstellung ermöglicht.

Wenn z.B. ein Objekt in den Händen vor sich haltend betrachtet wird, so bedient man sich eher einer Lichtquelle "von oben" als "von unten" leuchtend.


  • Vielleicht folgt die Lichtführung in Vischer's Darstellung diesem genannte Prinzip. Im anderen, natürlichen Fall wären die Beleuchtungsverhältnisse eher genau umgekehrt, von Westen her wirkend. Vischer hatte jedenfalls in anderen Ansichten durchaus versucht, die tatsächlichen Belichtungsverhältnisse wiederzugeben, wie dies an Hand des Beispieles "Shaumburg" (Schaunburg, Schaumberg) gut zu erkennen ist.
Hier erfolgt die Belichtung von etwa westlicher Richtung ausgehend.


Die Schaumburg nach einem Stich von Georg Matthäus Vischer von 1674


Baumgruppen oder eine Parkanlage hinter dem Schlossareal

In Vischer's Darstellung fällt ein Saum an Baumkronen hinter den Schlossgebäuden auf, der es wert ist, genauer betrachtet zu werden.

Zunächst erscheinen in etwa der Breite der Schlossanlage selbst, relativ dichtstehende Baumgruppen und Einzelbäume mit rundlich geformten Baumkronen.

Darstellung von Baumgruppen in Vischer's Ansicht von Windern, 1674


Wenn man bedenkt, das Vischer in seinen Bildern durchaus Unterschiede berücksichtigt, ob es sich bei Bäumen oder Wald um Nadel- oder Laubbäume handelt - vlg. dazu Burgruine Lichtenhag, Vischer 1674 oder Bild unten - so sollte für die Darstellung von Windern dieser Umstand wahrgenommen werden und eine Erklärung versucht werden.

Burgruine Lichtenhag nach einem Stich von Georg Matthäus Vischer von 1674


Es sind eher rundlich ausgeformte Baumkronen hinter der Schlossanlage zu erkennen. Damit sollten eher Laubbäume als Nadelbäume verdeutlicht werden.

Die gezeigten Laubbäume, die im Nahbereich des Schlossgebäudes mit ihren Wipfeln bis über die Traufenhöhe der Gebäude reichen, können einen alten Baumbstand symbolisieren.

Es handelt sich also um einen Baumgarten, der eventuell nicht nur der Nutzholzgewinnung gedient haben mag, sondern auch als schattenspendender Garten zum Verweilen oder durchwandern.

Letzteres spricht den vergnüglichen Aspekt eines Baumgartens an und könnte gedanklich in der Weise fortgesetzt werden, dass es sich hierbei um ein Schlossareal gehandelt hatte, das von landwirtschaftlicher Nutzung ausgenommen wurde und eher als Schlossgarten Verwendung fand.

Die Schlossanlage hatte aus heutiger Zeit betrachtet ein separates, zugehöriges Areal das als "Schlosspark" bezeichnet wurde.

Dieser "Schlosspark", dessen Parzelle mittlerweile mit den Schlossgebäuden samt Wegeführung dazwischen zusammengeführt wurden, war mit dichten Baumgruppen und anderen Gehölzen umfasst und verfügte über punktuelle Baumgruppen, die in ihrer kreisförmigen Aneinanderreihung und inselartigen Bodenerhöhungen im Kreisinneren als Orte sogenannter "Lusthäuseln" genannt wurden.

Neben Reiterei (Reitsport der Schlosseigentümer im Park) hatte diese, sehr große Wiesenparzelle mit ihrem dichten Baumbestand damit eine gewisse Erholungsfunktion, wenn auch nur für die jeweiligen Herrschaftseigentümer.

Später, in unserer Zeit, wurden Teilflächen dieser Park-Parzelle z.B. für Weidenutzung an Winderner Landwirte verpachtet und diente vor allem auch den Winderner Kindern und Jugendlichen als Abenteuer- und Fussballspielfläche, sowie auch als Feuerwehrübungsplatz.


Eine weitere Baumgartenfläche oder Gartenzone kann man der südöstlichen Schlossseite zuordnen, die auch heute als privater Garten genutzt wird.


  • Der Baumbestand in Vischer's Ansicht von Windern könnte damit der sogenannte "Schlosspark" sein.
In der vorliegenen Perspektive befindet er sich mehr oder weniger hinter den Gebäuden, etwa hinter dem "Diagonal" der Mauerumfassung.
Ob sich der Baumbestand außerhalb oder innerhalb der vorgefundenen Mauerumfassung befunden hatte, oder nur zu einem kleinen Teil im Innenbereich des Schlossareales gelegen war lässt sich aus der Darstellung nicht unmittelbar schließen.
Faktum ist jedoch, dass große, alte Gehölze einen entsprechenden räumlichen Bedarf aufweisen und somit von der Auffassung einer "sehr nahen" Situierung "am Schloss" eher Abstand genommen werden kann.
  • Damit unterstreicht dieser Gedanke das Vorliegen eines parkähnlichen Areals, zur Schlossanlage gehörig da mit den jeweiligen Außenrändern Objekt und Garten korrelierend. Zudem liegt dieser "Park" aus der gewählten Perspektive "hinter" den Gebäuden.


Überlegung: Würde nun vor Ort diese Perspektive eingenommen werden, so wie dargestellt, also auf das zentrale Schlosstor blickend das auch heute noch vorhanden ist, so würden die Gehölze des Baumgartens keine Sicht auf die Gebäude zulassen.

Das ist aber nur ein Teilaspekt und sollte am Ende dieser Diskussion nochmals aufgegriffen werden.


Das Gartentor vor dem Schlosstor

Etwas gegensätzlich zu vorigen Überlegungen hinsichtlich der Situierung eines zum Schloss gehörigen Baumgartens ist der folgende Gedanke.

Bis vor nicht all zu langer Zeit war die am Schloss vorüberführende "alte" Straße öffentliches Gut und einer Vielzahl an Spazierenden und Fußgängern hatte sich ein sehr schöner Weg abseits der Bundestraße geboten, der zugleich auch als ein sehr effektives und kurzes Bindeelement im kleinen, örtlichen Raumkontext gegolten hatte.

Zu jener Zeit konnte man vis-a-vis des alten (letzten) Schlosstores gegenüber, nur vom Straßenverlauf getrennt, die Reste eines kleinen, aber durchaus aufwendigen Gartentores erkennen.

Aus Mangel an Fakten und Daten zu diesen Gartentor-Resten kann über den Entstehungszeitraum nicht viel berichtet werden, außer, dass es sich um zwei Granitstelen gehandelt hatten, die mit ihren eingemeisselten Tür-Ankern eine kleine Gußeisen-Gittertür gehalten hatte.

Die Gußeisen-Gitterelemente imitierten Lanzenspitzen an deren Enden am Fuße der "Klingen" plastisch Quasten herabgehangen waren.

Den Gußelementen als verfügbares Material für eine Serienherstellung solcher Elemente zu Folge, dürfte deren Entstehung aber eher in unsere Zeit hineinreichen, also nach Vischer's Aufnahme.


Dennoch bietet dieser Rest an Gartentor der Überlegung Raum, ob anstatt eines Baumgartens - oder ergänzend dazu, in Schlossnähe - nicht doch ein Zugang zu einem z.B. Gemüsegarten oder Ziergarten bestanden haben möchte.

Detail Holzlatten-Tor und altes Schlosstor.


  • Man fand oftmals eine Assoziation zwischen diesem Gartentür-Rest und Vischer's Darstellung des hölzernen Zauntores, an dem ein ländlicher Weg herangeführt ist.
Das von Vischer positionierte Gartentor öffnet jedoch einen mehr oder weniger befestigten Weg, der beidseitig von leicht entfernbaren Holzstangen begleitet wird.
Entlang dieses Weges liegen unterschiedlich strukturierte Feld-Flächen, die als Acker, Wiesen und niedrige Hecken verstanden werden können.
Die Zugänglichkeit zu diesen Wirtschaftsflächen erfolgt durch Wegnahme einer Holzstange.


  • Diese Holzstangen symbolisieren durch die Wirkung ihrer räumlichen Trennung offenbar eine "Sicherung" oder "Bestätigung" der vorliegenden Besitzverhältnisse.
Sie können aber auch den Übergang von "öffentlich" zu "privat" manifestieren, womit es sich bei dem gezeigten Wegeverlauf um eine Straße im Sinne eines öffentlichen Gutes handeln müsste.


Detail Mobiler Langholz-Zaun entlang des Weges.


Die "sichernde" Wirkung dieser liegenden Holzstangen schützt somit auch landwirtschaftliches Gut, das auf den Feldern wächst, vor z.B. vorbeiziehenden Lasttieren und stellt zumindest in dieser Hinsicht eine kleine Barriere dar.


Auf das vorgefundene kleine Gartentor zurückkommend, das Anlass zu Vermutungen gab, ob sich denn hierbei im Prinzip um das gezeichnete Zaun-Tor handle, steht die gezeichnete Eigenschaft einer räumlichen und hierarchischen Flächentrennung - als Charakter einer öffentlichen Fläche wie die einer öffentlichen Straße - eher im Gegensatz zu den Bedürfnissen einer gesamt im einheitlichen Eigentum befindlichen Fläche.

Kurz gesagt würde es eher keinen Sinn machen, seine eigenen Äcker und Wiesen oder Gemüsegärten von einer privaten Zufahrt mit Hilfe von Langhölzern abzuzäunen, so lange die Nutzung und Zugänglichkeit von diesen Flächen ohnedies privat definiert und kontrolliert wird.


Natürlich gibt es Flächeneigenschaften, die eine Grauzone zwischen "privat" und "öffentlich" darstellen (z.B. Servitute, Wegerechte).

Diese Ausformung an Nutzungsrechten muss man bei solchen Überlegungen, wie sie hier angestellt werden natürlich auch berücksichtigen.


  • Durch die Gliederung und Hervorhebung der Textur-Unterschiede zwischen landwirtschaftlicher Nutzfläche und Wegeverlauf, samt Ausstattung mit linearen Begleitelementen als Abzäunung entlang des Weges kann man als These annehmen, dass hier eindeutig ein öffentlicher Weg vorgestellt wird.
In so einem Fall hätte die Assoziation mit dem ehemaligen kleinen Garten-Zauntor vis-a-vis des Schlosstores keine Berechtigung.
Die Breiten-Dimensionen eines Gartentores im Vergleich mit einem Holz-Zauntor für einen Wirtschaftsweg stehen ebenso in keinem nahen Verhältnis. Der Wirtschaftsweg benötigt eine wesentlich größere Breite als ein Garten- oder Gemüsegartenweg.


  • Aus den bisherigen Überlegungen kann man schlussfolgern, dass die Holz- oder Latten-Tür in Vischer's Ansicht von Windern Zugang zu einem Wirtschaftsweg höherer Ordnung eröffnet.
Dieser Wirtschaftsweg stellt an sich jedoch keinen allgemeinen, offenen Transferpfad dar, weshalb durch diese Darstellung von einer "Hauptstraße" durch Windern eher abzusehen wäre.
Viel mehr sollte in Betracht gezogen werden, dass dieses Latten-Tor ein Teil-Element eines umfassenderen Zaun-Werkes ist: Holzlattenzaun + Lattentor + Hecke).
Das daraus entstehende Zaunelement trennt das "Außen" der Wiesen und Äcker vom "Innen" eventuell inneliegender Zier- oder Gemüsegärten.
Die Absicht einer geschlossenen Umzäunung für den Schutz von z.B. kleinen Gemüsegärten vor von außen eindringenden Wildtieren (Hasen, Rehe, etc.) kann hier im Vordergrund stehen.
Der Weg der "alten Straße durch Windern" würde vermutlich eine gewisse, barrierefreie Durchgängigkeit erfordert haben, was im Gegensatz zu dieser Art eines Wirtschaftsweges nicht erfüllt wäre.


Die Suche nach einer geeigneten Stelle für so eine Umzäunung und für ein Holzlattentor in dieser Weise muss unter diesen Voraussetzungen noch gefunden werden.


Signifikante Rundtürme

Detail Rundturm A
Detail Rundturm B
Detail Türme und Mauer mit zentraltem Tor

Noch zu einer Zeit, in der man als Passant entlang der Schlossmauer mit ihrem großen Tor entlang spazieren konnte, beeindruckten die beiden Rundtürme, die an den beiden Hof-Ecken des Schloss-Innenhofes zu sehen waren.

Sie stehen unmittelbar am Weg der "alten Straßenverbindung" in Richtung Traunfall.

Leider kann man diese Türme heute nicht mehr aus der Nähe betrachten, da die öffentliche Straße privatisiert wurde und zudem die Sicht darauf und ein Zugang durch die neuen Eigentümer ohnehin nicht mehr gewährt wurden.

Diese Türme veranlassten aber auch in diesem Fall Spekulationen über deren Identifikation in Vischer's Ansicht von Windern.

Sie markieren auch heute noch die äußere "Baulinie" der Schlossgebäude auf westlicher Seite, an zwei Punkten an denen sie eine Abschlussmauer spannen, die mittig durch ein großes Tor durchbrochen ist.

Ein Vergleich dieses Mauerzuges der alten Vischer-Ansicht und Fotos davon heute, lassen unmittelbar eine Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten postulieren.

Allerdings sollte bei solchen Annahmen auch hier eine gewisse "Skepsis" einhergehen und Alternativen prüfbar machen.


Die "Alternative" an Turmwerk zum Schloss, auch betreffend diverser Mauerumfassungen, wäre der Ansatz, sich eine bauliche Situation vorzustellen, bei der es mehr als diese zwei Türme gegeben hätte.

Als These - die mangels brauchbarer Unterlagen hier nicht allzuweit verfolgt wird - kann z.B. gelten, dass die Schlossanlage Windern neben weiteren, außenliegenden Eck-Türmen auch weitere Tor-Einfahrten gehabt haben könnte.

Ein Grund für ein zusätzliches Tor wäre z.B. das Bedürfnis nach einer Unterscheidung zwischen einem Tor für landwirtschaftliche Wirtschaftszwecke und einem Tor für eher repräsentative Zwecke.

Letzeres wäre beispielsweise eine Schlosszufahrt für Eigentümer und Besucher.


Wie die Einrichtung vor Ort tatsächlich ausgesehen hat, ob weitere Mauern, Türme, Zufahrten etc. vorhanden gewesen wären, lässt sich heute (noch) relativ schwer beantworten, da eine archäologische Untersuchung im Nahbereich der Schlossgebäude bisher nie stattgefunden hatte.

Auch fehlen bis dato ausreichende Bilder, Skizzen oder alte Fotos, die entsprechende Hinweise geben könnten.


Allerdings ist mündlich und mittels eines kleinen Fotos überliefert, dass es entlang der östlichen Seite der Schlossanlage relativ nahe der Gebäudegrenzen einen Mauerzug gab, der etwas außerhalb der Gebäudesymmetrie südlich versetzt mit einem Tor ausgestattet war (vgl. Foto unten, Schlossansicht östliche Zufahrt.).


Schloss-Ansicht Windern, Besonders interessant: Die östliche, alte Schlossmauer mit seitlichem Tor und vorgelagertem Gemüsegarten, ca. 1975, Quelle: Bruno Hinterberger

Die vermerkte Asymmetrie - ein Tor eher dem südlichen Gebäudetrakt zugewandt - könnte ein Indiz für eine Wirtschaftsausfahrt sein, wenn man bedenkt, dass "Symmetrie" auch mit der Positionierung von Macht und Herrschaft einhergeht.


Die Position des "West-Tores" würde als Symmetrie unterstützendes Moment gelten, im Verein mit der symmetrischen Innen-Hofanlage dahinter, mit einem symmetrischen Treppenaufgang am Kerngebäude (zumindest heute so) und der Positionierung des Schlossbrunnens in diesem Innen-Hof (Pferde tränken, unmittelbare Wasserversorgung etc.).

Schließt man die Existenz eventuell weiterer Tore und Türme aus, so gleichte die Darstellung des Mauerzuges mit seinen Türmen den heutigen Verhältnissen.


  • Aus dieser Annahme heraus kann als These vorerst festgehalten werden, dass der dargestellte Mauerzug und seine beiden Ecktürme jene West-Seite der Schlossanlage ist, wie sie im Grunde auch heute noch baulich vorliegt.

Die Häusergruppe am Schloss Windern

Detail Häusergruppe am Schloss Windern.


Das Schloss Windern, als zentrales Besiedlungselement war als Herrschaftssitz aber auch daran gelegen, eine entprechende Anzahl an "Untertanen" für sich zu beanspruchen.

Eine Herrschaft verfügte sowohl über Güter als auch über die Menschen, die auf einer Herrschaft lebten und als Leibeigene durften sie mehr oder weniger das Dorf, die Herrschaft ohne Herrschafts-Erlaubnis nicht verlassen.

Damit geht aber einher, dass neben Landwirten die die Herrschaftsfelder bewirtschafteten und ihren Zehent leisteten auch "Häusler" und Gewerketreibende vor Ort als Personen-Kräfte genutzt wurden, deren "Hausnamen" aufgrund ihrer "Verwendung" teilweise heute noch erhalten sind.

Beispiele in Windern sind "Reitknecht", "Jäger", "Gärtner", "Schmied", "Bäcker", "Wagner" etc.


  • Diese Personen wohnten vor Ort praktischerweise in Schlossnähe bzw. dort, wo sie ihre Arbeit unmittelbar am effizientesten ausführen konnten.

Dies mag ein Grund sein, weshalb auch in diesem Beispiel in der Ansicht von Windern eine Häusergruppe eingearbeitet ist, die im Grunde auch damals vor Ort bestanden haben kann.


Die Identifikation dieser Häuser, oder eine grobe räumliche Zuordnung deren Standort geht unmittelbar mit der vermittelten Perspektive einher.

Im dargestellten Fall und unter der einzelnen Berücksichtung des Mauerzuges, der Türme und des Tores, würde man hier die Häusergruppe erkennen wollen, die mit "Schwarzguber", "Söllinger", etc. in Verbindung gebracht wird.

Mehr kann man unter diesen Voraussetzungen kaum erkennen und zuordnen.


  • Am Ende dieser Überlegungen wird jedoch ein Versuch gewagt, eine neue Zuordnung dieser Objekte zu treffen.



Ausformung und Identifikation einzelner Berge im Hintergrund

Detail Berge, Identifikation.

Die Berge im Hintergrund Vischer's Ansicht von Windern vereinnahmen beinahe den Blick für sich und ziehen die Aufmerksamkeit der Betrachter an der Schlossanlage vorbei.

Es liegt scheinbar in unserem Wesen, dass Orientierungspunkte sehr wichtig erscheinen und eine Identifikation einzelner, markanter Punkte vorgenommen wird.

Bei Bergen bietet sich so eine Zuordnung und Namensgebung an, schließlich bilden sie oftmals den Horizont aus.

In Vischer's Ansicht wird der Traunstein als solcher namentlich bezeichnet, der sich auch in der realen, natürlichen Ansicht sehr markant von seinen Begleitbergen abhebt.


  • Eine Abstraktion erlaubt das Ungefähre.

Der Traunstein, so wie er natürlich in Erscheinung tritt, wölbt sich hinter der waldgrünen Kuppe des Grünberges hervor und zeigt sein felsig, kantiges Antlitz.

Aus der Sicht von Windern ist mehr oder weniger seine "Breitseite" zu sehen und dominiert nicht nur durch seine Höhe sondern auch durch seine relative Längenerscheinung die ihm benachbarte Gebirgskette.


Dieser Umstand wird auch in Vischer's Ansicht wiedergegeben:

Ein hoher, schroffer und felsiger Berg der einen kleinen, zusätzlichen Höcker als Gipfelspitze aufweist, liegt breit auskragend hinter einer rundlichen, bewaldeten Hügelkuppel, dem Grünberg.

Letzterer ist als solcher nicht beschriftet, es ist aber sehr naheliegend, dass es sich um jenen voralpinen Berg handelt.

Vor der Grünbergkuppel ziehen sich bewaldete Rücken hin, denen flache Hügelreihen mit Feldern und Wiesen vorgelagert sind.

Vischer symbolisiert in dieser Ansicht Felder und Wiesen. Er unterscheidet zwischen landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wäldern.


Die Identifikation der weiteren Bergdarstellungen erweist sich etwas schwieriger.

Ein Ansatz kann sein, die in Vischer's Ansicht überzeichneten "Nasen" dem Berg "Schlafende Griechin" (Erlakogel) zuzuordnen. Diesem "Nasen-Berg" ist eigen, dass er eine steile, als auch eine flache Flanke aufweist.

  • Aus der Naturansicht der betreffenden Gebirgskette wissen wir jedoch, dass die "Schlafende Griechin" aus Winderner Perspektive "rechts" des Traunsteins liegen muss.

Dazu später.


Die schroffen, pyramidenförmigen Bergformationen legen den Verdacht nahe, darin z.B. den "Großen Pril" zu erkennen, sowie die unmittelbar benachbarte Bergspitze am Horizont.

  • Auch hier gilt wie oben, dass der "Pril" in der natürlichen Sicht "links" des Traunsteins zu finden sein müsste.


Betreffend des "sanften Hügels" in Vischer's Zeichnung links hinter der Schlossanlage würde man z.B. die Region Ohlsdorf vermuten, Wiesen und Äcker.

Allerdings wurde auf keinem der flachen Hügel im Hintergrund kein Objekt dargestellt, das eine Siedlung, oder eine Kirche etc. symbolisieren könnte.

Die Kirche von Ohlsdorf wäre aufgrund ihres Alters und Exponiertheit dafür ein willkommenes Objekt, aber aus noch nicht nachvollziehbaren Gründen findet man sie nicht eingezeichnet.


Detail: Flacher Hügel. ? Ohlsdorf?

Alte Wege in der nahen Umgebung des Schlosses und Ortes Windern

Je nach wirtschaftlichen Erfordernissen, sowie zum Zweck der Erschließung von Grund und Boden, Kommunikation, aber auch militärischen Ansprüchen zu genügen wurden Wege angelegt oder bereits vorhandenen (Handels-)Pfaden nachempfunden.

Wege oder Pfade dieser Art gab es in Windern einige und nur mehr sehr wenige haben bis heute überdauert. Eine Auflistung solcher Wege soll hier bald Eingang finden wie z.B. das "Pfaffenmair-Gatterl" (oberöst. "Pfoffnmoargaderl").


  • Eine Flurbezeichnung, die im räumlichen Zusammenhang mit einem Weg nördlich von Windern besteht, soll hier genauer betrachtet werden, weil sie für einen Herleitungsversuch zu Vischer's Darstellung von Windern hilfreich sein kann.

Es ist dies "Am Weißgattern" ("Gattern", oberösterreichisch "Godan").


Dieser "Weisse Gattern", ob er nun eine weiße Farbe aufgewiesen hatte, oder die Eigentümer der dahinterliegenden Flur in ihrem Nach- oder Hausnamen das Wort "Weiß..." enthalten hatten, war eine Flurbezeichnung nördlich von Windern.

In der folgenden Darstellung wird diese Flur angedeutet:


Weissgattern, nördlich von Windern
Detail: Weissgattern, nördlich von Windern
Detail: Weg in Schloss-Richtung


Der Weissgattern ist einem Landwirtschaftlichen Hof zuzuordnen, der sich dort befunden hatte.

Entlang dieser Flur in etwa Nord-Süd-Richtung war ein Wegeverlauf, der im Franziszäischen Kataster als relativ hochrangiger Pfad eingetragen wurde (siehe Bild oben).

Es müsste sich damit um mehr als nur einen temporären Pfad gehandelt haben, wie es sie in Windern auch zahlreich gab.

  • Vielleicht kann man sich einen befestigten Weg vorstellen, wie dem der in Vischer's Zeichnung zentral auf das Schloss zuläuft.

Der Weissgattern-Hof verfügte über eine Parzelle, die um 1830 in der Art eines Obstgartens mit einer kleinen Hütte verzeichnet vorliegt.


  • Der Weg entlang dieser Parzelle orientiert sich sehr stark an dessen Grenzverlauf, was ein Indiz für ein Nebeneinander von "privat" und "öffentlich" vermuten lässt.


  • Die Nutzung des Obstgartens oder Wiese unterscheidet sich wesentlich von der landwirtschaftlichen Nutzung der benachbarten Ackerfluren.

Dies könnte ein Grund sein, weshalb für die Weissgattern-Obstwiese ein umlaufender Zaun verwendet wurde, gemäß den Betrachtungen weiter oben zum "Gatter" und dessen Funktion.


Erster Versuch einer These für die Erklärung zu Vischer's Darstellung zu Windern

These: Die Umsetzung von Vischer's Ansicht von Windern wurde irrtümlich spiegelverkehrt als Kupferstich umgesetzt.


THESE: Die Ansicht des Schlosses und Ortes Windern von Vischer wurde irrtümlich GESPIEGELT als Kupferstich umgesetzt.


Was spricht dafür?

  • Schattierung der Bergkette, Beleuchtung aus westlicher Richtung.
Wie oben angesprochen erscheinen die Berge in natura aufgrund ihrer Lage und Ausrichtung (z.B. der Traunstein steht etwas "schräg" zur West-Ost-Achse) eher im Licht der Nachmittagssonne.


  • Die Schlossmauer mit dem Haupttor liegt im Licht der Mittags- oder Nachmittagssonne, ähnlich wie in natura.
Die "linke" Schlossmauer - in der gespiegelten Ansicht - ist hier so wie in natura auch stark beschattet.
Die Blickrichtung dieser Perspektige, die den Blick auf beide Mauern-Züge zulässt, würde auch die Hintergrundlandschaft mir ihrer Bergkette zulassen.


  • Beide Rundtürme, die die Tor-Mauer aufspannen, wären auch an der heute vorgefundenen Position.


  • Die runden Baumwipfeln im Hintergrund des Schlossgebäudes, ein Baumgarten des Schlosses.
Sie antizipieren einen Baumgarten im heute östlichen und südöstlichen Umfeld der Schlossanlage.
Ersteres wird dadurch vorstellbar, als noch bis in die neuzehnsiebziger Jahre ein Garten- oder Gemüsegarten-Streifen östlich des Zentralgebäudes - vor dem alten Mauerverlauf - vorzufinden war.
Hier könnte zu Vischer's Zeit ein Schlossgarten bestanden haben, der zusammenhängend mit dem süd-östlichen Baumgarten einen Raum für Erholung und Repräsentation dargestellt haben könnte.
Letzteres, der Baumgarten im südöstlichen Teil der Schlossanlage, würde auch der heutigen Situation eines Baumgartens entsprechen.
Die Ausdehnung dieses Baumgartens würde - ähnlich wie heute - durch die Parzellengrenzen definiert sein.
Die perspektivische Gebäudeausdehnung in Vischer's Ansicht von Windern verdeckt dabei ein Gartenareal, das auch den heutigen Ausmaßen entsprechen würde.


  • Der Berg "Die schlafende Griechin" (Erlakogel)
Die verdeutlichte "Nase" dieses Gebirgszuges westlich "rechts" vom Traunstein, im Vergleich zur eher pyramidenförmigen Shilouette östlich des Traunsteins (z.B. der Gipfel des Pril).
Der eher flache Auslauf der "schlafenden Griechin" in westliche Richtung würde in der Darstellung mit der Realität im Grunde, samt Abstraktion in der Zeichnung, gut übereinstimmen.


  • Der markantere, hochgewölbte Hügelrücken des voralpinen Hügellandes "rechts" im Hintergrund des Schlossgebäudes (gespiegelt).
Die lichte, also waldfreie Darstellung könnte die landwirtschaftlich genutzte Hügelregion um Ohlsdorf andeuten.
Allerdings ist spekulativ, warum die relativ "alte" Kirche von Ohlsdorf nicht zusätzlich vermerkt ist, wie in anderen Stichen sonst auch üblich.


  • Die Ausgestaltung des auf das Schlossgebäude zuführenden Weges in seiner Darstellung als öffentlich nutzbarer Weg, der über eine Art Zaun-Latten-Tor in den Nahbereich des Schlosses führt.
Das Zaunlatten-Tor erscheint als stets geschlossener Durchgang, zum Schutz vor z.B. Wildverbiss in den Gemüse(?)-Gärten der Hausparzellen oder der Schlossanlage.
Die Öffentlichkeit kann über die seitlich entlang laufenden Langhölzer interpretiert werden.
Sie können zwecks Zugang zu den Wiesen und Äckern mobil entnehmbar sein und zugleich einen gewissen Schutz vor z.B. durchziehenden Zugtieren oder anderen Fuhrwerken bieten.
Das Latten-Tor, als Teil-Glied eines umfassenden Zaunes, samt Hecken-Abschnitt stellt eher die Nutzbarkeit für einen temporäre Transit dar, als ein Durchgang im Sinne einer Permanent-Öffnung.
Es handelt sich vielleicht um das sogenannte Weissgatterl, mit seinen Wiesen und Äckern und den Weg dazwischen hindurch, nördlich der Schlossanlage.
Wahrscheinlicher zutreffend wird diesbezüglich aber die nachstehende Erweiterung dieser These zu werten sein.


Was spricht dagegen?

  • Der, dem Schloss zentral zustrebende Weg würde einem Wegeverlauf entsprechen, der gänzlich von bisherigen Darstellungen oder überlieferten Wegen abweicht.
Die Schlussfolgerung daraus wäre, dass das Areal der "Parkanlage", so wie es heute vorzufinden ist, als solches nicht funktionell existiert hatte - also kein "Schlossgarten oder Park" -, was durchaus sein kann.
Damit wäre diese Fläche - westlich vor dem Schlossgebäude - als Vorgartenbereich, sowie über die Umzäunung hinweg als Wiesen und Äcker mit einem zentralen Wirtschaftsweg zu betrachten.
Im Grunde spricht dieser Überlegung "nichts dagegen", da Wegeverläufe und Parzellennutzungen stets veränderten Nutzungsentschlüssen unterliegen können.
Dieser Annahme folgend hätte ein Wirtschaftsweg wie abgebildet exisitiert, der heute nicht mehr erkennbar oder schwer nachvollziehbar ist.


  • Der "Traunstein" liegt im Hintergrund links neben dem Schlossgebäude
In der Realität bzw. so wie die Schlossanlage heute vorzufinden ist, wäre unter dieser "gespiegelten" Perspektive Vischer's der "Traunstein" eher rechts der Gebäude zu finden.
Dieser Aspekt fällt vielleicht in den Bereich einer "Erzählung", die dem Bild innewohnt und dem Erlebten und Eindrücken des Künstlers vor Ort entsprechen kann.
Dies kann bedeuten, dass das physische Annähern an die Schlossanlage und an die benachbarte Besiedelung Windern's stets unter dem Eindruck des landschaftlich markanten Hintergrundes erfolgte (und nach wie vor erfolgt) und die Präsenz der eindrucksvoll überblickbaren Gebirgskette als permanente Kulisse in Erinnerung bleibt.
Damit würde die Relevanz einer korrekten, vertikalen Landschaftsausrichtung in Relation zur Schlossanlage in den Hintergrund rücken und die Idee einer lediglichen Zusammenführung beider Bild-Teilinhalte (Gebirge, Schloss) das Raumerlebnis "Windern" mit einer kognitiven Imagination korrelieren.


Für einen Vergleich zu dieser Annahme dient z.B. Vischer's Ansicht von Schloss Steinhaus bei Wels (vgl. Bild unten)
Schloss Steinhaus bei Wels, nach Vischer.

Hier führt Vischer in Relation zum Standort Steinhaus in sehr großzügiger Weise sowohl die südlich befindliche Alpenkette, als auch die Region nordwestlich von Steinhaus im morgentlichen Licht zusammen.

Im Vergleich zu Vischer's Darstellung hätte "in der Realität" die Ansicht der Gebäude-Anlagen in Steinhaus - rein geometrisch - eher keinen Hintergrund mit einer Alpenkette.

Dennoch erlaubt dieser Blickwinkel, die Gebirgskette mit in die Darstellung zu integrieren und wäre also im Grunde "nicht falsch".


Die Alpenkette könnte also auch hier ähnlich wie in Windern ein markanter, landschaftlicher Aspekt dieses Standortes sein und bis zu einem gewissen Abstraktionsgrad wäre diese Zusammenführung des Gebirgszuges mit dem Trauntal und umliegenden Regionen durchaus nachvollziehbar.


Anmerkungen zur Turm-Uhr des "linken" Turmes - in heutiger Zeit - und eine These zu den Wiesen und Äckern "vor dem Schlosstor"

Interessant wäre hier auch der Gedanke zur Funktion der heute sichtbaren Turm-Uhr des "linken" Rundturmes, die die jeweilige Uhrzeit in mindestens zwei Richtungen anzeigt.

Ein Ziffernblatt weist einmal in Richtung Wegeverlauf entlang der Tor-Mauer, sowie ein zweites Ziffernblatt in Richtung heutiges "Parkareal" ausgerichtet ist.

In beiden Fällen wäre der Nutzen dieser Einrichtung zu hinterfragen, wenn auch primär klar ist, wofür Uhren im Grunde dienen.


Schloss-Ansicht Windern, "Linker" Turm in Vischer's Ansicht von Windern
Schloss-Ansicht Windern, Turm-Uhren am "linken" Turm, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Turm-Uhren am "linken" Turm, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Turm-Uhren am "linken" Turm, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, "Linker" Turm in Vischer's Ansicht von Windern


Vorweg sei ergänzt, dass in Vischer's Ansicht von "Winderen" keine Turmuhr gezeichnet wurde.

Der Einbau eines Uhrwerks, wird sehr wahrscheinlich in die Zeit nach etwa 1700 erfolgt sein, Angaben hierzu sind aber noch nicht vorhanden.


Damit der praktische Nutzen der Turmuhren entstehen konnte, wäre die Ablesbarkeit der jeweiligen Uhrzeit wichtig.

Dies mag vielleicht eine etwas banale Auseinanderseitzung sein, die den Sinn von Uhren hinterfragen möchte.


In diesem Fall, der Analyse zu Vischer's Ansicht von Windern, scheint jedoch ein spezieller Aspekt interessant zu sein hinterfragt zu werden.

Es ist dies die Position des zweiten Ziffernblattes, das in Richtung des heutigen "Parkareals" zeigt.


Natürlich kann man annehmen, dass z.B. ein Turm an sich genüge, um ihn mit einem Ziffernblatt zu zieren und damit gewöhnte Eindrücke von Bauwerken dieser Art zu bedienen.

Allerdings scheint nicht nur die Zierde ein Ziel dieser Ausstattung gewesen zu sein, sondern vielmehr der praktische Nutzen.

Fast selbstverständlich möge man dieser Annahme zustimmten.


Wenn aber ein Turm ein Ziffernblatt aufweist, dass von unten - aus der Perspektive des einstigen Weges entlang der Tormauer - ohnehin kaum ablesbar ist, so wie es bei der "Park-Uhr" der Fall ist, dann könnte zur Entstehungszeit dieser Uhr eine etwas andere räumliche Situation vor Ort vorgelegen haben, als in unserer Zeit.


Eine Uhr sollte also lesbar sein und unter der Voraussetzung, dass die Errichtung von Uhren auch kostspielig war, kann man vorerst als These davon ausgehen, dass speziell mit der "Park-Uhr" mehr bezweckt werden wollte, als eine "Behübschung" des linken Schlossturmes.

Die sinnvolle Fernablesbarkeit des parkseitigen Ziffernblattes würde voraussetzen, dass im fernen Nahbereich des Schlosses Aktivitäten stattgefunden hatten, die ein Ablesen der jeweiligen Uhrzeit notwendig gemacht hätten.


Damit stünden z.B. zwei Szenarien zur Disposition, die hier eine Zweckverbindlichkeit herstellen würden.

  • Ein Szenario wäre, dass z.B. ab etwa dem Jahr 1700 - einige Jahre nach Vischer's Arbeit - das vor dem Schloss liegende Areal als Verweilort der Herrschaftsbewohner im Sinne einer Freizeitgestaltung wie Reiten, Gärtnern, Spazieren gehen etc. gedient hätte.
Damit wäre der Zweck der "Park-Uhr" gegeben, um z.B. rechtzeitig am Mittagstisch zu erscheinen, oder zu vereinbarten, geschäftlichen Terminen in das Schlossgebäude zeitgerecht zurückzukehren.


  • Ein anderes Szenario könnte aber auch gewesen sein, dass z.B. die "vor dem Schlosstor" gelegene Fläche als landwirtschaftliche Fläche - Wiesen und Äcker - genutzt wurde und über die "Park-Uhr" den am Feld tätigen Menschen der uhrzeitlich bestimmte Tagesablauf sichtbar gemacht wurde.
Damit wäre der Errichtung einer "Park-Uhr" eine werktätige Verbindung zugeschrieben, die z.B. den (fron-)dienstleistenden Menschen den uhrzeitlichen Tages- und Arbeitstakt diktierte.


Letzteres, dass die "Park-Uhr" von weitem bzw. vom landwirtschaftlichen Areal "vor dem Schlosstor" für vor Ort Arbeitende sichtbar sein musste, kann durchaus möglich gewesen sein.

Aus den obigen Überlegungen in Vischer's Ansicht von Windern ("Winderen") und dem individuellen Augenschein der Betrachter dieses Bildes geht hervor, dass "vor dem Schlosstor" Wiesen- und Ackerflächen gelegen wären.

Diese Nutzungsart dieser Fläche könnte nach Vischer's Lebzeiten also weiterhin bestanden haben.


Die durch landwirtschaftliche Einrichtungen der Schlossanlage und landwirtschaftliche Zuarbeiten der umwohnenden Menschen bedingte Existenz der Herrschaft wäre in einem relativ starken Verbund zu betrachten.

Bis in die Zeit um 1950 und noch später wurde am Schloss landwirtschaftlich gearbeitet.

Ein Schweinestall, ein Pferdestall, Strohboden, Getreidelager etc. waren einer täglichen Obsorge verpflichtet, die mit Hilfe der umliegenden Landwirte und Bevölkerung gesichert war.

  • Diese wirtschaftliche Nähe zur Landwirtschaft, auf Gründen der Herrschaft Windern, kann erklären, dass die in Vischer's Ansicht von Windern dargestellten Wiesen und Äcker vor dem Schlosstor tatsächlich in dieser Art bestanden haben könnten, bevor dieses Areal der Mode oder den Ansprüchen neuerer Herrschaftseigner gemäß zu einer Parkanlage umgewandelt wurde.


So könnte man abschließend feststellen, dass der in Vischer's Ansicht von Windern zentral auf die Schlossanlage zulaufende Weg durchaus so bestanden haben könnte.

Es wäre ein Wirtschaftsweg gewesen, zwischen den vielleicht zum Schloss gehörigen Äcker und Wiesen, dem Haupttor zulaufend.

Jene Menschen, die diese Felder bestellten, hätten mit Anbringen der "Park-Uhr" ein von Weitem sichtbares Instrument erhalten, das vielleicht ihren zeitlich bestimmten Tagesablauf ermöglichte und so auch eine effiziente Arbeitsplanung für die Herrschaftseigner sicherte.



Schlussfolgerung für Vischers Ansicht von Windern - "Winderen" gemäß obiger These

Nach obigen Diskussionen, Fragestellungen und Ansätzen zu Antworten könnten Schlussfolgerungen zu Vischer' Ansicht von "Winderen" in Folge lauten:


  • Vischer's Skizze von Windern wurde spiegelverkehrt in eine Radierung umgesetzt.
  • Die Erzählung zu dieser Ansicht bzw. Gesamtkomposition wäre: "Windern, das ist das Schloss mit seinen Wiesen und Äckern und den anliegenden Häusern, vor dem Band der eindrucksvollen Gebirgskette."



Dokumente und Abbildungen

Ansicht des Schlosses und Ortes Windern, Vischer
GESPIEGELTE Ansicht des Schlosses und Ortes Windern, Vischer
Der Ort Windern und zugehöriges Straßensystem im Franziszäischen Kataster, ca. 1830.
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Haupttor, Quelle: Bruno Hinterberger
Schloss-Ansicht Windern, Besonders interessant: Die östliche, alte Schlossmauer mit seitlichem Tor und vorgelagertem Gemüsegarten, ca. 1975, Quelle: Bruno Hinterberger